MASTODON

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depriRAWK!!!

Wer letztens in den Genuss einer MASTODON-Liveshow gekommen ist, sei es als Support von HIGH ON FIRE oder THE HAUNTED, der weiß, dass diese grandiose Band aus Atlanta einfach nur der Inbegriff des RAWK ist! Nachdem Brann Dailor (Drums) und Bill Kelliher (Bass/Vokills) anno 1999 TODAY IS THE DAY den Rücken gekehrt haben und kurzfristig ihre alte Band LETHARGY reformiert haben, gründeten sie zusammen mit Brent Hinds (Gitarre) und Troy Sanders (Gitarre) eine der wohl geilsten neuen Noiserockkapellen. Konnte die „Lifesblood“-EP (natürlich auf Relapse) schon einige Ohren öffnen, schlug das Debüt „Remission“ (ebenfalls auf Relapse) alle Erwartungen um Längen und überzeugt durch ausgeklügeltes, arschtretendes Songwriting. Alles sehr gute Gründe mal dem mehr als gesprächigen Felldrescher Brann Dailor mein Diktiergerät unter die Nase zu halten.

Hatten Bill und du auch Trouble mit der Polizei wie seinerzeit bei TODAY IS THE DAY während der Aufnahmen zu „In The Eyes Of God“?


Nee, bis jetzt hatten wir bei MASTODON noch keine Bullen im Proberaum, hehe. Mittlerweile proben wir in einem Industriegebiet in Atlanta, da stört sich keiner dran. Damals bei TITD nahmen wir in einer ziemlich kleinen Stadt in einem Mietshaus das Album auf. Eine alte Dame, die im Haus auf der anderen Straßenseite wohnte, schickte uns regelmäßig die Bullen in unseren Proberaum, weil sie wohl nicht mit unserem ‚Krach’ klar kam. War schon ziemlich nervig, zwischen den einzelnen Takes ständig die Polizei vor der Tür zu haben, die sich mal umschauen wollten, aber wir spielten einfach weiter.

Würdest du euren derzeitigen Sound als euer Markenzeichen ansehen?

Die Songs auf ‚Lifesblood’ entstanden innerhalb von weniger als drei Monaten, weil wir so schnell wie möglich auf Tour gehen wollten. Bei ‚Remission’ ließen wir uns natürlich etwas mehr Zeit, ist ja schließlich auch unser Debütalbum. Außerdem sollten die Stücke weitaus ausgereifter werden und wir wollten untereinander mehr auf die jeweiligen Ideen eingehen. Das Gute an dieser Band ist, dass wir alle gemeinsam mit MASTODON was erreichen und uns weiterentwickeln wollen, mal sehen, was noch kommt. Und ja, ‚Remission’ ist definitiv 100% MASTODON!

Aber wieso haben Bill und du dann TODAY IS THE DAY überhaupt

verlassen, denn experimentell ist der gute Herr Austin ja immer noch?
Zu der Zeit lebte ich in einer kleinen Bude mit schwarzen Fenstern und keinem Klo. War halt auf die Dauer ziemlich deprimierend, wenn man von einer anstrengenden Tour nach Hause kam und nichts vorfindet. Steve hat da sein Studio, seine Frau, sein Kind, seinen Hund, sein Haus, seine zwei Autos, und das wollte ich auch haben. Mir hat eine Freundin, ein Hund, ein eigenes Haus und vor allem ein Auto gefehlt, halt dieses typische „American way of life“-Gedöns halt. Deshalb sind Bill und ich wieder zurück nach Atlanta gegangen, um was neues auf die Beine zu stellen.

Findest du, dass du nach all deinen vorangegangenen Bands wie LETHARGY oder TODAY IS THE DAY nun wesentlich mehr kreativen Spielraum hast?

Definitiv, man wird ja auch nicht jünger, und ich habe auch schon eine Menge erlebt. Deshalb bin ich jetzt wesentlich relaxter als vorher. Ich spielte knapp sieben Jahre bei LETHARGY in New York, zog dann nach Boston und trommelte bei TITD, um dann wieder zurück zu LETHARGY zu gehen, und irgendwann hatte ich keinen Bock mehr. Ich bin bei MASTODON wesentlich entspannter als vorher, schließlich bin ich ja ein alter Sack mit Ende 20 und somit sehr viel weiser, als vor ein paar Jahren – das hoffe ich zumindest!

Eure Texte sind ja doch ein wenig deprimierend. Habt ihr denn keinen Spaß beim Musik machen und schnieft die ganze Zeit in eure Taschentücher, weil ja alles um euch herum so furchtbar schrecklich ist?

Ach, findest du? Nun ja, jeder von uns hat sein eigenes Kreuz zu tragen und unsere Texte befassen sich meist mit vergangenen Gefühlen bzw. Erfahrungen. Wir bauen dadurch unseren Alltagsstress in einer für uns angenehmen Weise ab, sodass wir nicht uns in die Ecke hocken und rumjammern müssen. Man muss sich auch die negativen Dinge im Leben eingestehen, damit die einen nicht innerlich zerfressen.

Kannst du was über das Artwork von „Remission“ erzählen?

Paul A. Romano zeichnet sich dafür verantwortlich. Wir wollten ein zeitloses Design haben, da ja heutzutage so gut wie alles nur noch am Computer gemacht wird und die Leute nicht mehr so richtig auf das Cover bzw. Booklet achten. Das Cover basiert auf einem Traum, den ich hatte, wo ein Pferd in Flammen stand. Da die Deadline recht knapp war und den anderen nichts besseres einfiel, wurde diese Idee übernommen und ich bin super zufrieden mit dem Ergebnis.

Wie waren überhaupt eure Touren mit QUEENS OF THE STONE AGE und CANNIBAL CORPSE? Beide fahren doch schon einen sehr unterschiedlichen Sound.

Beide Touren waren schon recht interessant, vor allem wurden wir glücklicherweise von beiden Fanlagern toleranter aufgenommen, als wir es anfangs befürchtet hatten. Ich schätze, wir haben halt genügend Rock- und Metal-Elemente, um es beiden Seiten recht zu machen, hinzu kommt noch ein gewisses Noisepotential, wodurch wir denen dann so was wie die eigene Note vorgaukeln konnten. Die Konzerte mit QOTSA und den Kannibalen haben uns im Nachhinein dann überraschenderweise doch ein größeres Publikum verschafft.

Foto: Scott Kinkade