D GENERATION

Nothing Is Anywhere

Was für eine Art von Musik ist das eigentlich, die D GENERATION da spielen? Gerne mal wird die Band in die Glampunk-Ecke gestellt. Weil die Musiker verwegen aussehen mit Wüstfrisur und Hemd. Und weil sie eben aus New York kommen, wo der Glampunk einst seinen Ursprung hatte.

Schublade auf, reingesteckt, Schublade zu. Aber so einfach ist es nicht, schon gar nicht bei „Nothing Is Anywhere“, dem ersten Album, das D GENERATION nach 17 Jahre Pause aufgenommen haben.

Vorher war „Through The Darkness“. Vorher war 1999. Vorher ist eine Ewigkeit her. Und diese Ewigkeit hört man der neuen Platte an. Weil sie nämlich so klingt wie die Platte einer Band, die lange nichts mehr auf die Reihe bekam, plötzlich wieder einen Rappel kriegt und sich hinstellt und die persönliche Katharsis, die persönliche Erlösung von Kreativitätsmangel und Selbstzufriedenheit, auf Tonträger aufnimmt.

In einem Rutsch, glatt und flott. „Nothing Is Anywhere“ ist ganz und gar nicht „nothing“. Es ist ganz und gar nicht nichts. Es ist vielmehr alles und noch ein bisschen mehr. Es ist ein Album wie ein Sammelsurium der guten, der schönen Musik.

Nein: Glampunk ist nicht dabei. Denn D GENERATION sind keine Glampunk-Band. Sie waren es noch nie. Sie sind schlicht und ergreifend eine ganz hervorragende Rockband, die zig Einflüsse in ihre Musik einbaut und Entzückendes und Entrückendes daraus entstehen lässt.

Es gibt Streetpunk in „Queens of A“, „Militant“ oder dem herrlich räudigen New-York-Abgesang „Apocalypse kids“. Es gibt klassischen Rock in „Lonely ones“. Es gibt Breitbein-Hardrock in „21st century blues“.

Es gibt Ausflüge in poppige Gefilde mit THE-CLASH-Einschlag in „Dance hall daze“. Es gibt ein herrlich unverschämtes ROLLING-STONES-Rip-Off in „Mercy of the rain“, das Keith Richards neidisch machen könnte.

Es gibt Garagenrock in „Hatful of ran“. Und es gibt Stonerrock in „Piece of the action“. Und über allem schwebt diese gnadenlose Lässigkeit, diese Coolness einer Band, die den Rock in allen seinen Erscheinungen liebt und die den Rock mit einer Leidenschaft spielt, die man vielleicht nur dann haben kann, wenn man sich lange zurückgezogen hat und plötzlich wieder Bock hat, die Schrammelgitarren und Bierkästen und Mikrofone rauszuholen aus dem Keller des Nichtstuns.

„Nothing Is Anywhere“ klingt so wie eine Truppe von Outlaws um Ober-Outlaw Jesse Malin, die sich selbst gedrehte Kippen in die Mundwinkel steckt, sich im abgewrackten Proberaum an die Instrumente begibt und eine Jam-Session startet, die die schallschluckende Verkleidung von den Wänden abfallen, Lampen von der Decke stürzen und Boxen umkippen lässt, ehe alles in Schweiß und Knarzen und einer verdammten Gitarre-Bass-Schlagzeug-Sause mit Rotzgesang endet.