SHELTER

Mantra

Die süße Jugendzeit, die Erinnerung daran, sie verfälscht so vieles. Ja, es gab viele Menschen damals, 1995, die SHELTER abgöttisch verehrten, wie sowieso alles, was Sänger Ray Cappo, einst YOUTH OF TODAY, und Gitarrist Porcell musikalisch trieben.

Entsprechend gibt es Menschen, die „Mantra“ für ein wichtiges Werk der (Post-)Hardcore-Geschichte halten, ein Album, das zu einer Zeit entstand, als Punk/Hardcore-Bands von den Majorlabels reihenweise gesignt und zwei, drei Jahre später wieder rausgeschmissen wurden – siehe SAMIAM, siehe SICK OF IT ALL.

Und die Neunziger waren auch eine Zeit großer musikalischer Verwirrungen. Crossover, Metal, Pop, Rap hielten als Einfluss Einzug, und wer mir überzeugend darlegt, dass „Not the flesh“, der erste Track auf der „Mantra“-B-Seite große Hardcore-Geschichte ist ...

ich bin gespannt auf die Argumentation. „Chance“ andererseits ist (fast) zeitlos, der Beweis, dass die New Yorker durchaus konnten, wenn sie wollten, nur um das mit dem plump nirvanaesken Titelsong direkt wieder zu widerlegen.

Alles in allem ist „Mantra“ alles andere als ein zeitloser Klassiker, wobei mir mancher – siehe mein einleitender Satz – – da sicher vehement widersprechen wird. Und dann haben wir noch nicht über den zähen Krishna-Schmodder gesprochen, der als ideologische Tünche von Ray Cappo über das ganze Werk gekippt wurde und sich textlich allenthalben niederschlägt.

Ein handzahmes Rock-Album aus einer anderen Zeit – mehr ist „Mantra“ nicht. Music On Vinyl hat dieses Zeitdokument nun in rotem Vinyl neu aufgelegt, labeltypisch ohne Download-Code, dafür mit Textblatt und limitiert und nummeriert.