MORPHINE

Journey Of Dreams

Was machen eigentlich MORPHINE? Oder sollte die Frage besser lauten: Wer sind eigentlich MORPHINE? Ersteres lässt sich leicht beantworten: Nichts, denn Frontmann Mark Sandman erlitt 1999 mit nur 46 Jahren während einer MORPHINE-Tour in Italien einen Herzinfarkt, woran der ungesunde Lebensstil des charakteristischen Sängers und eigenwilligen Bassisten nicht ganz unschuldig war.

Der zweiten Frage geht der Dokumentarfilm von Mark Shuman in über 100 Minuten mit der üblichen Mischung aus Archivmaterial und aktuellen Interviews mit den Weggefährten von Sandman nach. Darunter sind mit Joe Strummer und Henry Rollins auch zwei prominente Fans des Trios aus Boston, das die Gitarre durch ein Baritonsaxophon ersetzte.

Aber rechtfertigt eine Band aus den Neunzigern, die insgesamt fünf Studioplatten aufnahm mit von Jazz und Swing geprägtem Indierock, eine dermaßen ausufernde Doku? Das hängt wie so oft vom generellen Interesse an dieser längst in Vergessenheit geratenen Band ab, die immer kurz davor stand, richtig groß zu werden, was die Kompromisslosigkeit des schwierigen Frontmannes aber zu verhindern wusste.

Ein interessanter Aspekt ist dabei sicherlich die Rolle, die Sandman innerhalb der Musikszene von Boston spielte. Eine Stadt, die viele für den Alternative-Rock-Bereich wichtige Bands wie MISSION OF BURMA, PIXIES, THE LEMONHEADS oder THE MIGHTY MIGHTY BOSSTONES hervorbrachte, ganz zu schweigen von der lebendigen Hardcore-Szene Bostons.

Allerdings werden diese Bereiche nur am Rand angeschnitten, denn „Journey Of Dreams“ wirkt über weite Strecken wie verspätete Trauerarbeit und Vergangenheitsbewältigung des MORPHINE-Umfelds, was zu einem nur bedingt fesselnden Dokumentarfilm führt.