ROLLING STONES

Havanna Moon

Die Gelegenheit war günstig: Die 2016er-Stones-Tour „America Latina Olé“ ging dem Ende entgegen, „spontan“ schob man ein „Free Concert“ in Havanna nach, in der Woche, als Obama als erster Präsident seit 88 Jahren das durch Embargo und Sabotage zugrundegerichtete „Reich des Bösen“ besuchte.

Es war wohl der erste Auftritt einer westlichen Band dieses Kalibers in Kuba, Grund genug, das Ereignis mit Kinofilm, DVDs, CDs usw. zweitzuverwerten. Leider vergibt „Havanna Moon“ alle Chancen, die der historische Moment bot.

Es hätte ein spannender Dokumentarfilm mit vielen Musikanteilen werden können. Man hätte Lokalkolorit, Historie und Einblicke in den Arbeitsalltag einer Rocklegende präsentieren können. Im Idealfall wäre dabei so etwas herausgekommen wie die fesselnde Doku über die BLACK LIPS während der Tour durch den Irak, Ägypten und den Libanon.

Stattdessen gibt’s einen sterilen Konzertfilm, der sich in nahezu überhaupt nichts von sämtlichen ROLLING STONES-Live-Shows der vergangenen zehn Jahre abhebt. Die Band schlufft routiniert durch das ewig gleiche Set und lässt es tatsächlich so aussehen, als ob ihnen Geldverdienen Spaß bereitet.

Jaggers ungelenke spanische Konversation mit dem Publikum allerdings definiert das Wort „Fremdscham“ neu. Wie auch immer, Paul Dugdale hat die Show hochprofessionell eingefangen, leider völlig seelenlos.

Da stellt sich die Frage, inwieweit die Postproduktion nicht aufwendiger war als die Live-Aufnahme. Warum allerdings fünf Songs aus dem Gig herausgeschnitten wurden und in die Bonus-Sektion verbannt wurden, ist absolut unbegreiflich, amateurhaft und eigentlich eine Frechheit.