VAN HOLZEN

Anomalie

Wie verzweifelt müssen manche Menschen und Firmen in der „Musikindustrie“ sein, wenn sie so sehr nach dem nächsten selbstgemachten Hype gieren, dass sie – in diesem Fall – drei Gymnasiasten aus Ulm zur wichtigsten Rock-Entdeckung der letzten Jahre deklarieren, diese zu Kurt Ebelhäuser zum Aufnehmen schicken und dann das Debütalbum mit einem Marketing-Aufwand an die Wand klatschen, wie er seit den goldenen Neunzigern wohl nicht mehr aufgewendet wurde? Und das Ergebnis kann sich sehen lassen, speziell wenn man den „Durchmarsch“ der Band in so manchem Musikmagazin betrachtet.

Und dann hört man dieses Album und hat das Märchen vom Kaiser und seinen neuen Kleidern im Kopf. Deutschsprachiger Rock mit Zutaten von überall her, weit weniger muffpotterig und turbostaatig, als man das angesichts des Bandnamens irgendwie erwartet hätte, sondern nur ein weiterer lahmer Zock, der die JUPITER JONES-Lücke („Nachfolger verzweifelt gesucht!“) füllen soll, den in die Jahre gekommenen penetranten SPORTFREUNDE STILLER nacheifert, den schrecklichen BILDERBUCH und auch noch Jack White beklaut.

Das Schlimmste an „Anomalie“ ist, wie banal das alles ist. Ja, man wünscht sich verzweifelt, dass wie einst zu Punk- und Hardcore-Hochtagen Siebzehnjährige so wütend wären, dass sie die Rockwelt retten oder zumindest den verzweifelten Versuch wagen, aber das hier ist noch nicht mal gut nachgemacht.

Immerhin, Herr Ebelhäuser hat klanglich gesehen das Beste daraus gemacht. VAN HOLZEN – demnächst auf all den Festivals, auf die man besser nicht geht. Und es komme mir bitte niemand mit dem Argument „Sooo schlecht sind die doch gar nicht ...“ Doch, sind sie.

Hinweis (23.04.2019):
Simon Jäger hat uns auf diesen Sachverhalt hingewiesen: "Beide Platten wurden von mir und Phillip Koch produziert und gemischt."