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PROPAGANDHI

Victory Lap

Fünf Jahre nach „Failed States“ und im 31. Jahr seit Bandgründung melden sich PROPAGANDHI mit ihrem siebten Album zurück. Erstmals mit dabei ist ihre weibliche Neuverpflichtung Sulynn Hago an der Gitarre und mit energischer Stimme auf der Bühne, die „raging vegan Hispanic lesbian“, wie Chris sie beschrieb.

David „The Beaver“ Guillas, der die Band nach neun Jahren für eine Vollzeitstelle als Lehrer verlassen hatte, ließ es sich auch nicht nehmen, in vier Songs musikalisch etwas beizusteuern.

Wie erwartet sind die Stücke sehr komplex und benötigen mehrmaliges Hören, um die hervorragenden Arrangements nachzuvollziehen. Wenn man dem Material die nötige Zeit gibt und sich darauf einlässt, werden die Songs auf jeden Fall eingängiger.

PROPAGANDHI bleiben damit ihrer Linie treu. Nach ihrem Wandel, den sie bereits auf „Today’s Empires, Tomorrow’s Ashes“ (2001) ankündigten, auf „Potemkin City Limits“ (2005) und bei „Supporting Caste“ (2009) und „Failed States“ (2012) verfeinerten und ausbauten, ist „Victory Lap“ ein Rock-Album in PROPAGANDHI-Manier.

Die Punk- und Hardcore-Elemente sind trotz der treibenden und permanent energischen Art („Victory lap“, „Comply/Resist“) subtiler geworden. Mehr und mehr machen sich im positiven Sinne Elemente aus (Alternative-)Rock („Cop just out of frame“, „Call before you dig“, „Adventures in zoochosis“) und (Thrash-)Metal („When all your fears collide“, „Nigredo“, „In flagrante delicto“) breit und vermischen sich im nächsten Moment, wie bei „Tartuffe“, um daraus die Einzigartigkeit von PROPAGANDHI zu kreieren.

Spätestens jetzt sind sie auf Augenhöhe mit ihren Lieblingen und Vorbildern RUSH, SACRIFICE oder VOIVOD. Einen wesentlichen Anteil daran haben die recht unterschiedlichen dynamischen Parts innerhalb der einzelnen Stücke.

Zudem ist der Gesang noch deutlicher und differenzierter geworden. Selbst kritische Fans aus den Neunzigern sollten mit „Letters to a young anus“ und „Failed imagineer“ zufriedenzustellen sein, die fast schon skatepunkig ausfallen.

Und mit „Lower order (A good laugh)“ gibt es erstmals sogar fast so etwas wie einen poppigen Indie-Rock-Song. „Victory Lap“ ist trotzdem kein einfaches Album. Auch der Entstehungsprozess war für die Band sicher schwierig, angesichts einiger privater Ereignisse positiver aber auch negativer Natur.

Ganz zu schweigen vom weltpolitischen Geschehen, das PROPAGANDHI wie keine andere Band zu vermitteln weiß. So mischt sich Persönliches mit Globalem, mit der unmissverständlichen Einsicht: Wir können die Welt zwar nicht retten, wir können aber wenigstens mit unserer Musik den Minderheiten eine Stimme verleihen und damit aufmerksamen ZuhörerInnen ein paar Impulse geben.