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DEAD ENDING

Shoot The Messenger

Es würde auch zu Donald Trump passen: Wer Majestät eine schlechte Botschaft überbringt, wird getötet – oder gefeuert. „Kill the messenger“ oder „Shoot the messenger“ ist der im Englischen viel griffigere Satz, „Töte den Boten“ klingt auf Deutsch nach Aufforderung zur Rache am Paketfahrer für die eine Benachrichtigungskarte zu viel.

Die Ursprünge gehen bis auf die Antike zurück, als im Krieg Kuriere und Emissäre die Kommunikation zwischen beiden Seiten aufrecht erhielten und Immunität besaßen. Den Überbringer einer (schlechten) Botschaft in einer kindisch-impulsiven Spontanreaktion zu töten, war (und ist) deshalb bis heute ein sprichwörtliches Synonym für unüberlegtes, kurzsichtiges Handeln.

In „Shoot the messenger“, dem Titeltrack dieses Albums, geht es, so meine Interpretation, im weitesten Sinne um Menschen wie Bradley/Chelsea Manning und Edward Snowden und die Reaktionen der US-Regierung auf deren Tun.

Mit „Shoot The Messenger“, bereits im Sommer 2016 aufgenommen, also noch vor der Wahl von Donald Trump, meldet sich die Band um Vic Bondi zurück, und weiterhin dabei sind THE BOMB-Gitarrist Jeff Dean, ALKALINE TRIO-Drummer Derek Grant und Nathan Voorhees (ENSIGN, VISION).

Vic Bondi ist immer noch der wichtigste Aktivposten für diese Band mit ihrem wütenden, politischen Achtziger-US-Hardcore. Bondi war 1981 in Chicago Mitgründer von ARTICLES OF FAITH, später in den Neunzigern mit JONES VERY und ALLOY sowie solo aktiv und singt heute neben DEAD ENDING auch noch bei REPORT SUSPICIOUS ACTIVITY.

Für mich ist Bondi mit seiner markanten Stimme, dieser Mischung aus unbändiger Wut und einem Hauch Melancholie, der Archetyp des Hardcore-Shouters, gleichauf mit Ian MacKaye. Doch während der sein aktives Musikerleben auf Eis gelegt zu haben scheint, ist der Geschichtswissenschaftler Bondi auch mit Mitte 50 kein Stück leiser und ruhiger geworden, wird nicht müde, gegen Staat und Gesellschaft anzubrüllen, in Texten, die prägnant, kurz und auf den Punkt gebracht sind.

„Gangster and bankers share the same passion“ singt er in „Bring on the mob“, in „Make my own way“ ist er kein Stück entspannter als ein angepisster Teenager („I’m sick if advice [...] You got a path for me / But I’m not following it“, in „Manic in Detroit“ heißt es „This town’s dump [...] Fucking urban wasteland [...] Detroit [...] No tomorow“, und in „Subtle“ analysiert er in Bezug auf die USA: „Things will get worse / Before things will get better / Star spangled disaster / to teach the slow learners / Red, White and Bullshit“.

14 Songs finden sich auf dem ersten Album der Band, dem seit 2012 drei 12“-EPs und eine 7“ vorangegangen waren, und ich hoffe, dass DEAD ENDING irgendwann den Weg nach Europa finden – für die ARTICLES OF FAITH-Reunion-Shows musste ich vor ein paar Jahren extra nach Chicago fliegen ...