IDLES

Joy As An Act Of Resistance

Dennis Skinner sitzt seit 1970 für die Labour-Party im britischen Parlament. Neben seiner explizit linken und europakritischen Gesinnung ist er bekannt für seine sarkastische Art, die ihm in regelmäßigen Abständen Rauswürfe aus dem Parlament wegen unparlamentarischem Sprachgebrauch beschert hat.

„I am Dennis Skinner’s molotov / I’m lefty I’m soft / I’m minimum wage job / I am a mongrel dog / I’m just another cog / I’m scum“. Mach was draus ... Aber er ist nicht der Einzige, dessen Name auf diesem Album mal eben mit oder auch ohne Zusammenhang in den Raum geworfen wird.

Mit dabei sind unter anderem auch Jesus Christus, Stuntman Evel Knievel, Wrestler Ted DiBiase, Fred Astaire und der Londoner Gangster Reggie Kray. Wow! IDLES zünden eine wahre Konfettibombe aus Zitatversatzstücken und Anspielungen, die sofort eine wilde Assoziationskette in Gang setzen.

„He said these boots are made for stomping and that’s just what they’ll do / One of these days these boots are gonna stomp all over you“. Auch wichtig: „Never fight a man with a perm“, kämpfe niemals gegen einen Mann mit Dauerwelle.

Tragen ja inzwischen nicht mehr nur Tony Marshall und Kölner Ü60-Pimps, sondern die Hipster dieser Welt. In Kombination mit einem Undercut. Ugh! Und während der Hyperlinkspeicher innerlich ununterbrochen rattert, wird das Gehör quasi ganz nebenbei mit feinster Klanguntermalung gefüttert.

Nein, „Joy As An Act Of Resistance“ muss den Vergleich zum hochgelobten Vorgänger „Brutalism“ nicht scheuen, im Gegenteil. Was auf ihrem Debüt noch gänzlich ungezähmt, roh und ungestüm voranpreschte, bannen IDLES hier gesetzter, überlegter, zugleich aber auch zugänglicher auf Platte ohne dabei an Dringlichkeit zu verlieren.

Weniger CRASS meets SLEAFORD MODS, mehr JOY DIVISION meets ART BRUT. Ein rastlos treibendes Schlagzeug, schrammelige Gitarren, schnoddriger Sprechgesang und der charakteristische sarkastische Einschlag verschmelzen zu einem genresprengenden Pop-Punk’n’Roll-Wave-Bastard.

Der ist oft wütend, manchmal gutgelaunt, gelegentlich auch unendlich traurig („June“) und garantiert frei von Leerlauf. „I wrote a love song / Cos you’re so loveable / I carried a watermelon / I wanna be vulnerable“.

Ha. Diese so selbstironische wie -bewusste Dampflock überfährt schonungslos alles, was nicht rechtzeitig das Tanzbein schwingt. Und setzt bei allem Augenzwinkern klare Statements gegen Faschismus, Islamo- und Homophobie und für Einwanderung.

„Islam didn’t eat your hamster / Change isn’t a crime“. Yes Sir, you’d better believe the Hype. Und falls du in Sachen Vinyl Wert auf Äußerlichkeiten legst, habe ich noch mal ganz großartige Nachrichten für dich: Dieses Album existiert als streng limitierte Deluxe-Ausgabe mit 18 LP-großen Wechselartwork-Kunstdrucken.

„Concrete and leather“!