RVG

A Quality Of Mercy

Als Vorband von SHAME hatte ich im Mai nur noch wenig von RVG aus Melbourne gehört, was ich umso mehr bereue, als das Album der „Romy Vager Group“ enorme Grower-Qualitäten hat. Markant ist allein schon die Stimme von Sängerin und Gitarristin Romy Vager, deren Eitelkeit offenkundig nicht sehr ausgeprägt ist, taucht doch ihr Name im auf RVG abgekürzten Bandnamen nur noch versteckt auf: Romy, schwarze Kleidung, schwarze Haare, klingt wie eine Mischung aus Nico und Patti Smith, und ihre Band steuert dazu Musik bei, die neben einem gewissen VELVET UNDERGROUND-Touch einen latent halligen Surf-Twang mit markant spitzen Gitarrentönen aufweist.

Im Presseinfo werden Vergleiche mit ECHO AND THE BUNNYMEN, PSYCHEDELIC FURS und GO-BETWEENS zitiert, aber das ist Bauernfängerei und das hat die Band nicht nötig – allein im Falle von ECHO AND THE BUNNYMEN ist das ansatzweise nachvollziehbar, denn RVG haben sonst so gar nichts Post-Punkiges an sich, wären mit ihrer psychedelischen Indiepop-Attitüde eher späte Anwärter auf einen Beitrag zur legendären C86-Compilation.

Unbedingt erwähnenswert sind die Texte der von Romy mit erstaunlich maskulinem Timbre vorgetragenen Songs: Die liegen leider nicht zum Mitlesen bei, sind aber auch gut verständlich (etwas die famose Zeile „You fell in love with an IBM, now you will never fall in love again“ aus „IBM“) und haben was vom lakonischen Storytelling der Lou Reed-Soloplatten.

Ein echtes Überraschungsalbum, das mit jedem Hören wächst und in Australien bereits 2017 veröffentlicht worden war, nachdem die Band es im legendären Rock’n’Roll-Club The Tote Hotel aufgenommen hatte.