BRIMSTONE

Ein besonders politisch korrekter Filmkritiker arbeitete sich kürzlich an Martin Koolhovens verstörendem Neo-Western „Brimstone“ ab, der „misogyner Mist“ sei, weil er das Patriarchat ins sadistische Extrem treiben würde.

Angebliche Frauenfeindlichkeit ist ja ein beliebtes Totschlagargument der anspruchsvollen Filmkritik, ein Vorwurf, dem sich etwa der südkoreanische Regisseur Kim Ki-duk auch ständig ausgesetzt sieht.

Demnach müsste man natürlich die Exploitationfilmlandschaft der 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahre im Müllschlucker entsorgen, die kulturhistorisch durchaus aufschlussreich ist. Aber einem Film, der das Patriarchat dermaßen engagiert als Hölle auf Erden inszeniert, sollte man doch eigentlich tosenden Beifall spenden.

Zumal „Brimstone“ noch nicht mal billige Exploitation ist, sondern ein ziemlich komplexes, in vier Teile – Revelation (Offenbarung), Exodus, Genesis und Retribution (Vergeltung) – gegliedertes düsteres Drama über die Auswüchse von religiösem Fanatismus mit durchaus emanzipatorischem Anspruch, bei dem sich die aufgesplitterte Handlung erst gegen Ende wieder sinnvoll zusammenfügt.

Dakota Fanning spielt darin die junge, stumme Liz, die in Nordamerika zu Zeiten der Besiedlung des Wilden Westens durch europäische Siedler von einem gewalttätigen religiösen Fanatiker (Guy Pearce) verfolgt wird – was an Charles Laughtons „Die Nacht des Jägers“ erinnert –, der bei seinem Kreuzzug keine Gefangenen macht.

Die FSK-Freigabe „ab 16“ überrascht etwas, denn Koolhoven geizt nicht mit schockierenden expliziten Gewaltdarstellungen, die aber niemals reiner Selbstzweck sind. Deswegen ist es fraglich, ob man „Brimstone“ wirklich „genießen“ kann, aber es ist ein durchaus kathartisches Erlebnis, ihn durchgestanden zu haben.