Foto

AMERIKA

Robert Crumb

Dass der Exil-Amerikaner Crumb wohl nie zu denjenigen gehören wird, die mit der Hand auf dem Herzen und „America the beautiful“ auf den Lippen vor der US-Flagge in Tränen ausbrechen, dürfte ja mittlerweile hinlänglich bekannt sein.

Nun kommt also ein brandaktueller Band zur Lage der Nation. Nicht ganz. Viele der Strips sind in deutscher Übersetzung bereits über drei Jahrzehnte und auf diverse Crumb-Bände verteilt im Zweitausendeins Verlag erschienen, „Amerika“ ist also nur eine Art Kompilation.

In den USA kam diese bereits Mitte der Neunziger heraus, was auch erklärt, warum der jüngste der insgesamt 16 Strips aus dem Jahr 1993 stammt. Für die französische Ausgabe, auf der Reprodukts deutsche Edition basiert, hatte Crumb 2004 lediglich das grafische Konzept überarbeiten lassen.

Dass dieses Buch hierzulande gerade jetzt erscheint, ist aber sicherlich kein Zufall: Besonders das Trump-Bashing in „Finger drauf“ aus dem Jahr 1989 ist gerade ganz nah am Puls der Zeit.

Wie gewohnt arbeitet Crumb mit reichlich Sex, Gewalt und Zynismus ganz hart an die Grenze des Erträglichen. Die beiden ungefiltert Vorurteile und gängige Klischees wiedergebenden Storys „Wenn die Nigger an die Macht kommen“ und „Wenn die verfluchten Juden an die Macht kommen“ führten beispielsweise dazu, dass Amerikas Extreme Rechte Crumb für ihre Zwecke vereinnahmte.

Auch sonst hat Crumbs nihilistische Sichtweise auf Themen wie Umweltverschmutzung, politischen Extremismus oder soziale Entfremdung einigen Unmut hervorgerufen. Diese und weitere relevante Hintergrundinformationen enthalten die aufschlussreichen Nachworte von Jean-Pierre Mercier und Klaus Schikowski.

Das macht „Amerika“ zu einem vielseitigen Einstieg in die verquere Welt des Robert Crumb.