SUICIDE

s/t

Sollte ich mich jemals auf die zehn besten Alben aller Zeiten festlegen müssen (100 wäre leichter, aber immer noch schwer), wäre dieses dabei. Nur sieben Songs sind auf dem 1977 auf Marty Thaus Red Star-Label erschienenen Album enthalten, aber jeder einzelne ist unfassbar gut.

Der Opener „Ghost rider“ mit seinem treibenden Rhythmus ist für mich vielleicht der beste SUICIDE-Song überhaupt, dem „Rocket U.S.A.“ freilich in nichts nachsteht, und das sanfte, bedrohlich-düstere „Cheree“ sorgt bei mir immer für Gänsehaut.

„Johnny“ ist die absurdeste Reduktion von Rockabilly, die man sich vorstellen kann, völlig entfremdet und befremdlich. „Girl“ ist ein zu Psycho-Porn gewordener Pop-Song, irgendwie obszön und genial.

Und dann „Frankie Teardrop“, ein alptraumhafter Trip, bei dem die irren Schreie von Vega mir jedes Mal unter die Haut gehen – als ob hier ein Charakter aus einem Roman von Hubert Selby musikalische Gestalt angenommen hätte.

Der Song macht mich fertig. Und zum Schluss dann noch das hallige, verhuschte „Che“. So ziemlich jeder Musiker, auf dessen Schaffen ich was gebe, hat SUICIDE auf seiner ewigen Bestenliste, und ich glaube, wen diese Band, dieses Album kaltlässt, mit dem verbindet mich auch sonst nichts.

Was Alan Vega, der am 16. Juli 2016 im Alter von 78 Jahren starb, als Sänger zusammen mit dem für die (elektronische) Musik zuständigen Martin Rev, Jahrgang 1947, geschaffen hat, ist so mächtig und erhaben wie der Obelisk in Kubricks „2001“ – ein fremdartiges Objekt in einer seltsamen Umgebung.

Und so muss das Album auch 1977 gewirkt haben, als alles Punk war in New York, während SUICIDE aber schon seit 1970 (!) Punk waren und so bezeichnet wurden. Musik aus dem Computer, ohne Gitarre, Bass und Schlagzeug, aber dennoch zutiefst menschlich, nie kalt und technisch.

Im Rahmen der „The Art of the Album“-Reihe wurde dieser Klassiker nun einmal mehr aufgelegt, ohne Bonustracks, aber im Hardcover-Booklet und mit Linernotes, Fotos und Würdigungen in selbigem.

Hören, verstehen, lieben.