RANCID

Indestructible CD

Schöne neue Welt! Diese Rezension handelt davon, wie Musik, Punkmusik, heute zu einer reinen Handelsware von internationalen Konzernen verkommen ist. Davon, wie sich "Punks" wie RANCID komplett den Schneid haben abkaufen lassen.

Punkt 1: Diese CD ist eine sogenannte "individually watermarked" CD, auf der mein Name aufgedruckt ist, die sich in einem Computer nicht mehr abspielen lässt und die - angeblich - in jedem Track ein digitales Wasserzeichen enthält, das mich als Urheber eventueller Kopien identifizierbar machen würde.

Allein der "Warntext" hierzu auf Hülle und CD ist länger als eine CD-Rezension. Punkt 2: Neben dem üblichen Bandinfo lag der Vorab-CD ein Schrieb mit Hellcat-Logo (Hellcat ist das bandeigene Label) bei, unterzeichnet mit "Susan Genco, SVP, Business & Legal Affairs".

Der Inhalt: ein weiterer Warnhinweis und exakte Vorschriften zum Umgang mit dieser CD. In Auszügen: "By accepting this CD (...) you agree that you will not lend this CD to anyone, and that you alone will listen to this CD for promotional purposes.

Accordingly, you will not play this CD for anyone." Auf deutsch: Nur ich, der mein Name auf der CD aufgedruckt ist, darf diese CD anhören, auch nicht zum Spaß, sondern rein zu Promotionzwecken.

Und natürlich nur, wenn außer mir kein anderer im Ox-Büro sitzt. Hilfe! Ich habe mich bereits strafbar gemacht, AOL Time Warner kann seine Höllenhunde von der Leine lassen, denn im Ox-Büro waren beim ersten Abspielen der CD vier weitere Personen anwesend.

Punkt 3: RANCID sind nicht Punkrock. Wer seine Seele in solch perverser, allen ursprünglichen Ideen des Punk widersprechender Weise verkauft und sich so vermarkten lässt, hat sich quasi selbst exkommuniziert.

Punkt 4: Mal sehen, was Lars Frederiksen im Interview dazu sagt. Punkt 5: "Indestructible" umfasst 19 Songs, die ich zum Zeitpunkt, da ich diese "Rezension" verfasse, nicht hören kann. Ich lasse mir ungern meine Arbeitsweise vorschreiben, und da sich diese CD nicht im Computer abspielen lässt, habe ich darauf verzichtet.

Da ich die CD zuletzt vor einer Woche im - erneut vollbesetzten - Ox-Büro hörte, ist mir aber in Erinnerung geblieben, dass hier der übliche "Punkrock" zu hören war, wie man ihn eben von RANCID kennt.

Die Frage ist nur, ob den in seiner Beliebigkeit jemand braucht. Ich empfehle stattdessen das Album vom MEA CULPA, mal so als Beispiel, das tatsächlich Punkrock ist, musikalisch wie textlich.

Punkt 6: Nein, ich sehe das alles nicht etwas eng und verkniffen, schlimm ist vielmehr, dass scheinbar niemand mehr angesichts solch perverser Praktiken im Umgang mit Musik das Maul aufmacht.

Komisch auch, dass kleine Bands, die ja von Downloads und CD-Brennerei viel mehr betroffen sein müssten, eigentlich nie Theater machen um diese Thematik, sondern nur die bereits Millionen Dollar/Euro schweren Stars.

Kann es sein, dass hier ein ähnliches Problem der "Verteilungsgerechtigkeit" vorhanden ist wie bei allen Steuerreformen der letzten Jahre? Sprich: Klein- und Normalverdiener können weder gewinnen noch viel mehr verlieren, während Inhaber großer Einkommen regelmäßig um erhebliche Summen entlastet werden? Die Sorge von RANCID und ihrem Label geht also in die Richtung, dass die nächste Hollywood-Villa womöglich bedingt durch Verluste wegen Internet-Downloads kleiner ausfallen müsste als geplant.

Und darum, wir erinnern uns, ging es bei Punk ja im Grunde. Danke.