LOST SOUNDS

s/t LP/CD

Wie machen die das? Woher nehmen die die Zeit? Hat ein Tag als LOST SOUNDS-Mitglied mehr als 24 Stunden? Vor kurzem erst die großartige "Future Touch"-EP auf In The Red, die mit sieben Songs auch nicht gerade kurz war, und jetzt schon wieder eine Platte auf dem selben Label.

Nicht zu vergessen, dass die beiden LOST SOUNDS-Köpfe Alicja und Ray letztes Jahr mit den FINAL SOLUTIONS und DESTRUCTION UNIT und wer weiß mit wem und wo sonst noch nicht minder gute Platten gemacht haben.

Und während bei anderen Musikern bei so viel Output dann doch mal die Kreativität etwas leidet und der ein oder andere Schnellschuss dabei raus kommt, sind die beiden in der Lage, nur absolut hochklassiges Material zu schreiben.

Vielleicht haben sie ihre Seele dem Teufel verkauft, ich weiß es nicht, aber verdammt, "Lost Sounds" ist eine unglaublich brillante Platte, die alles, wirklich alles, was die Memphisianer LOST SOUNDS bisher gemacht haben, in den Schatten stellt.

Und das sind schließlich Platten gewesen, die ihrerseits alle Konkurrenten ordentlich Staub fressen ließen. Es deutete sich ja bereits auf "Future Touch" an, findet hier aber seine Vollendung: die LOST SOUNDS haben die Eingängigkeit, das Geheimnis mitreißender Melodien, den Singalong-Chorus für sich entdeckt.

Natürlich gab es schon auf den ersten drei Alben massig Melodien, nur blitzten die in ihrem düsteren New-Wave-Garagenpunk-Elektro-Wahnsinn eher sporadisch auf, während es jetzt den Anschein hat, dass manche Songs nur geschrieben wurden, um diese grandiosen Melodien zu verarbeiten.

Melodien, wie in dem rockigen "Let's get sick" oder in dem Gänsehaut erzeugenden "And you dance?" mit seinem unglaublich cheesigen, aber extrem mitreißenden Sha-la-la-Chorus oder in dem hymnisch-bombastischen "Bombs over M.O.M.", das mir ob seiner melancholischen Atmosphäre die Tränen in die Augen getrieben hat.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, die LOST SOUNDS sind mitnichten zu einer poppigen Gute-Laune-Band mutiert, ihr synthie-getriebener anspruchsvoller Punkrock immer noch nihilistisch, vertrackt, voll irrsinniger Spielereien und ungeeignet für den, der Musik nur als Untermalung wahrnimmt, aber der Zugang zur LOST SOUNDS-Welt ist mit "Lost Sounds" einfacher als je zuvor und jetzt noch viel gefährlicher.

Denn wer sich ein Mal in sie begeben hat, will da nie mehr weg, so schön und gleichzeitig immer wieder erschreckend ist sie. (10)