ALEXANDER HACKE

Sanctuary CD

Wie bitte kommt man mit zwei Schritten von Jim "FOETUS" Thirlwell zu Gianna Nannini? Tja, über Alexander Hacke von EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN. Der hat mit "Sanctuary" gemacht, was ein Sonny Vincent schon seit Jahren betreibt: sein dickes Adressbuch wälzen und von all den Leuten, mit denen man wohl mal ein freundliches "Hey, lass und doch mal was zusammen machen" austauschte, wohl wissend, dass da ja eh nie was daraus werden würde, diese Zusammenarbeit dann auch einzufordern.

Die Umsetzung dieser Idee in ein elf Tracks umfassendes Album führte Hacke von Berlin (u.a. Caspar Brötzmann, Chrislo Haas, The Boy From Brazil) über Göteborg (Nils Wohlrabe, THE LEATHER NUN) nach L.A.

(David Yow, Don Bolles - GERMS und CELEBRITY SKIN) und New York City (Thirlwell, Vinny Signorelli - UNSANE, Algis Kizys - SWANS) nach Mailand (eben Gianna Nannini). Für die hat er in der Vergangenheit schon mal Gitarre gespielt, ebenso für CRIME & THE CITY SOLUTION (siehe Ox #61!), womit die ungewöhnliche Verbindung erklärt wäre.

Nannini hat so einem Song dieses ersten Soloalbums von Alexander Hacke in 25 Jahren EN ihre Stimme geliehen, und ich muss sagen, das lässt die große Dame des italienischen Rocks doch cooler erscheinen, als ich sie in Erinnerung hatte.

"Per sempre butterfly" ist jedenfalls ein großer Song, was man auch von den zehn anderen Tracks behaupten kann, deren Entschlüsselung mir allerdings nicht leicht gemacht wird, da der Vorab-CD keine genauen Information beiliegen, wer zu welchem Song was beisteuert.

Ebenso fehlt der Vorab-CD der "Enhanced"-Part, in dem es Interviews mit den beteiligten Musikern gibt, und man fragt sich einmal mehr, warum einem Label so wenig an der Berichterstattung der Musikpresse gelegen ist, wenn es eine umfassende Meinungsbildung durch solche verkrüppelten Vorab-CDs nicht gerade erleichtert.

Apropos Label: Erschienen ist "Sanctuary" auf Koolarrow, dem Label von Billy Gould, Ex-FAITH NO MORE. Und irgendwie hätte das höchst interessante Stil-Sammelsurium hier sich auch gut auf Pattons Ipecac gemacht.

Betreiben die beiden einstigen Bandkollegen da eigentlich so eine Art Wettstreit in Sachen Cool- und Weirdness? "Sanctuary" ist ein faszinierendes, interessantes Album, enorm bunt und vielfältig, stilistisch nicht eingrenzbar und denkbar weit entfernt vom EN-Alltag.

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