MARLOWE

A Day In July

Der Titelsong direkt als Opener und keine Fragen mehr offen. Die kurzen, ruhigen Sekunden zu Beginn verbreiten direkt eine zappelige Unruhe, der Hörer weiß, dass es hier gleich mächtig zur Sache gehen wird.

Und JA (!) und Danke, das gibt direkt Vorschusslorbeeren und setzt die Credits aufs obere Podest. Aber gleichzeitig hängt die selbst gesetzte Messlatte auch in schwindelnder Höhe, gerade weil sich die Steigerung in den gesamten drei Minuten und einundfünfzig Sekunden hochschraubt, als hätte man nur diesen einen Song.

Doch da sind glücklicherweise noch mehr, noch vierzehn mehr, um es auf den Punkt zu bringen. Dass man dabei nicht jedes Mal auf den Olymp steigen kann, um von oben frech runter zu spucken, geht dann auch in Ordnung, da es nicht zwingend notwendig sein muss, immer besser als man selbst zu werden.

Es reicht doch schon, wenn man besser ist als die meisten anderen. Das liegt einerseits an den durchgehend guten Songstrukturen, an den bravourösen Melodien, die sich immer wieder in eine andere Richtung bewegen und an dem ausgesprochen guten Gesang, der sehr wohl weiß, wann er sich etwas zurückzunehmen hat, und wann die Rampensau gegeben werden muss.

Ja, und dann ist da die Band, die dafür sorgt, dass mir hier jeder Song ein neues überraschtes Grinsen ins Gesicht zaubert. Da ich es nicht besser oder anders zu beschreiben gewusst hätte, erlaube ich mir hier ausnahmsweise das Infosheet zu zitieren, das hier von "angeberischen Gitarren" spricht.

Und genau das trifft es, gerade wenn das Tempo angezogen wird, nebenbei sämtlich vom Sänger und Kopf der Band, Simon Bradshaw, selbst gespielt. Dazu sei noch bemerkt, dass er allerdings auch an den Saiten weiß, wann Zurückhaltung geboten ist und somit den anderen Instrumenten der Vortritt gelassen werden muss.

Das es sich bei diesen, neben dem jeweils den Rhythmus vorgebendem Bass, so wunderbar dreckig und gelegentlich gar fuzzend und Schlagzeug dann dankenswerterweise um Saxophon, Flöte, Klarinette, Geige, Flügel, Trompete und Cello handelt, macht die Sache nicht nur rund, sondern auch gleich wieder eckig.

Denn die drei Frauen und drei weiteren Männer wissen, was man mit diesen Instrumenten alles anstellen kann - und eines ist sicher, ich wusste es vorher so nicht. Schön und berauschend in den ruhigen Passagen, dreckig und voll drauf los, dass es den Hörer am Ärmel zerrt und auf die Tanzfläche wuchtet, bei den anderen Songs.

Das verzeiht dann auch allemal den kleinen Ausrutscher bei "Get rid of me", wo es kurze zweieinhalb Minuten ein wenig anfängt zu doomen und sich Herr Bradshaws Stimme zu überschlagen scheint.

Allerdings zwinkern die anwesenden Handclaps mir dann doch so nett mit den Augen zu, von wegen ist gar nicht so gemeint, dass ich schnell ein Einsehen habe. Spätestens bei den Bläsereinsätzen von "The perfect diagram", die wunderbar an Ennio Morricone erinnern, wenngleich der Song in eine andere Richtung geht, ist alles wieder gut.

Da werden wir noch von hören, hoffe ich doch zumindest, denn live dürfte es sich hier um ein echtes Erlebnis handeln. (49:52) (09/10)