V.A.

Wake Up With Probe Plus - The Connoisseur Collection CD

Probe Plus war in den frühen 70er Jahren ein wegbereitender Plattenladen in der aus musikalischer Sicht sowieso wichtigen Stadt Liverpool. Mit der verstärkten Zunahme an englischen Independent-Bands der frühen Stunde erweiterte man in den 80ern zu einem Label.

Wer damals wie ich "John Peel's Music" auf BFBS gehört hat, der weiß, dass jene aufkommende Indie-Szene nicht unbedingt mit der Musik vergleichbar ist, die heute unter diesem Namen fungiert.

Ein Bild davon spiegelt dieser Labelsampler wieder, der nicht, wie so viele andere eine Vorschau auf kommende Releases gibt, sondern eher eine Retrospektive der letzten 22 Jahre Labelgeschichte.

Bands wie THE WALKING SEEDS, hier mit dem derb kaputten, an BIRTHDAY PARTY erinnernden Song "Blathering out" von 1987 sind Paradebeispiele für damaligen Independent-Sound. Würde ich heute noch mal eines meiner alten Peel-Tapes hervorkramen, könnte es sich hierbei durchaus um den Mitschnitt einer gesamten Sendung halten, zumal ich seinerzeit durch jene Sendung auf einige Bands aufmerksam wurde, die sich hier wiederfinden, von denen ich aber seit damals nichts mehr gehört hatte.

Da sind beispielsweise HALF MAN HALF BISQUIT, bei denen nicht nur der Name Programm ist, sondern die mich als alten Sesamstraßen-Fan der ersten Stunde mit ihrem "Time flies by when you're a driver of a train" seinerzeit in ihren Bann zogen.

Der Bandbeitrag zum vorliegenden Werk, eine Liveversion von "A country practise", wurde sogar 2001 aufgenommen, was also vermuten lässt, dass die Band noch lange nach ihrem Verschwinden aus meinem Gedächtnis, aktiv war.

Wiederhörensfreude auch bei MEL-O-TONES. Lange Jahre habe ich immer wieder nach Tonträgern dieser Band Ausschau gehalten, ohne jemals fündig zu werden. Mir blieb lediglich ein aufgenommener Song, zu dem sich nun nach Jahren ein zweiter, "Bomb Sutra", von '84, hinzugesellt, der mir in Erinnerung ruft, warum ich diese Band damals so großartig fand.

Der älteste Beitrag von 1983 ist von der mir unbekannten Band PRESSURE DROP mit dem Song "Daddy buy me a rifle", dem einzigen Stück, welches ganz klar in Richtung 77er Punk-Rock geht, was man auch an der Art des Gesanges merkt, der sehr stark in Richtung Joe Strummer von der ersten CLASH-LP schielt, zwar nicht schlecht, aber selbstverständlich ohne an dessen Qualität heran zu kommen.

Der neueste Beitrag kommt von MARLOWE, deren aktuelle CD ich in dieser Ausgabe über den grünen Klee lobe, deren Track "Performance monkey" aber genau die eine Schwachstelle wiederholt, welche der Song "Get rid of me" vom Album aufzeigt.

An dieser Stelle offenbart sich dann auch mein übliches Problem mit Samplerveröffentlichungen. Es sind immer ein paar Perlen dabei, aber an vielen Ecken fängt es an zu stinken. Ein Grund, weshalb in meinem Plattenschrank nur sehr wenige anzutreffen sind, die allesamt vergessen vor sich hinstauben, deren gute Einzeltracks dann eher auf selbst zusammen gestellten Samplern zu Ehren gekommen sind.

Eine wichtige und interessante Zeitreise bieten die insgesamt 18 Songs allemal, aber ihm wird wohl ein ähnliches Schicksal zu Teil, wie seinen Kollegen. (77:29) (06/10)