RAPIDER THAN HORSEPOWER / MAE SHI

Do Not Ignore The Potential LP

Außergewöhnliche Platte, die neben so ziemlich jeder Hörgewohnheit und jeder Schublade liegt, die mir durch den Kopf schießt. Fängt damit an, dass man die Split-LP nur dann auseinanderfriemeln kann, wenn man sich die Mühe macht, die dunkel- und hellblau gedruckten Tracks mitzuverfolgen, ansonsten weiß man nicht immer, welche Band gerade an der Reihe ist.

RAPIDER THAN HORSEPOWER klingen nach Post-allem-Möglichen, aber doch ganz anders, ebenso wie MAE SHI, die sich mit einem kleinen Schnipsel kurz mal hier, dann wieder ganz woanders melden.

RTH würden sich am ehesten noch mit Bands wie SOOPHIE NUN SQUAD oder nervösen LES SAVY FAV auf viel Koffein vergleichen lassen, was wirklich der kleinste Nenner ist, auf den sich die Band reduzieren lässt, damit es greifbar wird, klingen tut es letztendlich doch ganz eigen.

Nur, wer etwas mit LES SAVY FAV anfangen kann, der kommt auch mit RTH sehr gut zurecht. Bei MAE SHI ist es nicht unbedingt einfacher, denn die machen gerade, was sie wollen, das geht von Loops, melodischen Versatzstücken, einfachem Kinderzimmerlärm über wohlstrukturierte Kleinsongs und Juwelen bis hin zu Dekonstrukten, die von einem mächtigen Sequenzer zusammengehalten werden.

Bei manchen Stücken erreichen auch sie eine Annäherung an frühe grandiose LES SAVY FAV, ohne wie ein Plagiat zu klingen. Beide Bands machen sich den Plattentitel zu eigen und verfahren nach dem Koitus-interruptus-Prinzip: Wenn der Song anfängt, sich voll zu entfalten, dann haben wir gezeigt, wo's hingeht, raus und Ende.

Einfach ist das nicht, langweilig aber auch nicht, ganz im Gegenteil, und falls jemand auf den Gedanken kommen sollte, dass hier Dilettanten am Werke wären, dann liegt er komplett falsch.

Wer mächtige Gitarrenschlachten sucht, bei denen das Riff regiert, Rock'n'Roll oder gutgelaunte Melodien, der wird hier definitiv nicht auf seine Kosten kommen, Wer sich aber auch mal mit einer Platte auseinandersetzen mag und Nervosität nicht ansteckend findet, der hat hier ein Puzzle, mit dem er sich lange, lange Zeit beschäftigen kann.

Keine Scheibe für einfache Gemüter, aber für Leute, die sich über kleine Dinge freuen können, eine riesige Kiste voller Halbedelsteine. Kann ich beim besten Willen nicht bewerten, aber gut ist sie! (...)