NEW YORK DOLLS

All Dolled Up DVD

Ein Zusammenschnitt aus 40 Stunden Videomaterial in Spielfilmlänge über die NEW YORK DOLLS, aufgenommen vom Fotografen Bob Gruen und seiner Frau Nadya Anfang der 70er. Ich würde aber nicht so weit gehen, das Ganze tatsächlich als Dokumentation zu bezeichnen, denn dafür fehlt ein gewisser inhaltlicher Zusammenhalt.

"All Dolled Up" hat mehr was von irgendwelchen Home-Movies, die in diesem Fall die Dolls überwiegend auf der Bühne zeigen, auf ihrer Westküsten-Tour und in New York im Kenny's Castaways oder Max's Kansas City, in irgendwelchen Backstage- oder Restaurant-Situationen, plus ein dazwischen geschnittenes Interview auf einer idyllischen Wiese oder die Auftritte in Rodney Bingenheimers E Club und der "Real Don Steele Show".

Insofern ist diese DVD ganz sicher ein zeitgeschichtliches Dokument aus der Frühzeit des Videozeitalters auf den Spuren dieser New Yorker Hinterhofversion der ROLLING STONES, bevor Punk eigentlich Punk hieß.

Am besten schaltet man sich sowieso die Audiokommentare von David Johansen, Bob Gruen und Sylvain Sylvain hinzu, dann bekommt man quasi den Hintergrundkommentar dazu, der dem Film selbst fehlt, sieht man mal von einigen wenigen Ausschnitten aus Nachrichtensendungen ab, wo eine konkrete wie leicht naive zeitgeschichtliche Einordnung der Dolls durch irgendwelche Reporter stattfindet.

Ohne den Kommentar stellt sich über 90 Minuten ansonsten ein gewisser Ermüdungseffekt ein, denn die verwackelten, groben Schwarzweißbilder und der dementsprechende dumpfe Ton sind nicht gerade leicht konsumierbar und wiederholen sich auch, strahlen aber natürlich andererseits eine Unmittelbarkeit aus, die den Film von Gruen zu etwas Besonderem werden lässt.

Als Bonus gibt es die Auftritte der Band auch noch in kompletter Form, insgesamt 12 Songs, an unterschiedlichen Locations aufgenommen, und wiederum in erstaunlich guter Soundqualität, neben einem aktuellen Interview mit Gruen, geführt von Dick Manitoba von den DICTATORS.

Abgerundet wird das Ganze durch eine umfangreiche Fotogalerie mit fast 100 Bildern und einem 16-seitigen Booklet mit Linernotes von Gruen. "All Dolled Up" ist ganz sicher keine Doku im üblichen Sinne, die den Zuschauer an der Hand nimmt, man muss hier schon zwischen den Zeilen lesen können, aber aufgrund der Fülle und Einmaligkeit des vorhandenen Materials ist das hier wohl wirklich so was wie die zumindest ansatzweise definitive NEW YORK DOLLS-Aufarbeitung, die mehr wie ein Gang durch ein Museum funktioniert und es dabei insgesamt auf eine Laufzeit von knapp vier Stunden bringt.

(10/10)