TRIFFIDS

Treeless Plain

Nach den liebevoll aufgemachten Wiederveröffentlichungen der TRIFFIDS-Alben "Born Sandy Devotional", "Calenture" und "In The Pines" folgen bei Domino jetzt auch noch die fehlenden Werke dieser großartigen, leider in Vergessenheit geratenen australischen Band um den viel zu früh verstorbenen Sänger/Gitarrist/Songwriter David McComb, die eigentlich einen ähnlichen Stellenwert wie Nick Cave oder die GO-BETWEENS besitzen müsste.

"Treeless Plain" ist das Debütalbum der TRIFFIDS aus dem Jahr 1983, das ich früher angesichts von großartigen Platten wie "Born Sandy Devotional", "Calenture" und "In The Pines" immer etwas vernachlässigt hatte, zu Unrecht, denn obwohl die Platte noch deutlich spröder klingt, ist McCombs typisches Songwriting hier schon voll ausgebildet.

Das Ganze mag noch recht konventioneller Folkrock sein, aber alle Songs besitzen eine emotionale Tiefe und einen Sinn für erinnerungswürdige melodische Momente, die man nicht auf jedem Debüt einer Band finden kann, hinzu kommt eine schon damals sehr vielschichtige Instrumentierung mit Violine, Cello und Keyboards.

Und Bob Dylans "I am a lonesome hobo" wurde hier gelungen in den TRIFFIDS-Gesamtsound integriert. Neu sind hier sechs Live-Tracks einer Radiosession in exzellenter Qualität, fünf vom Album und "On the street where you live", ein rarer Track aus der Frühzeit der Band, die auch außerhalb einer Studioumgebung nichts von ihrer Faszination verlieren und fast sogar noch besser klingen.

"Treeless Plain" ist auf jeden Fall kein Debüt, das man sich nur aus Komplettierungsgründen in den Schrank stellt, sondern ein gleichberechtigtes Teilchen im Gesamtwerk der TRIFFIDS, das in dieser technisch veredelten Form nur um so mehr an Bedeutung gewinnt.

Auf "Beautiful Waste And Other Songs", der Titel deutet es schon an, findet man dann all das Material, das zwischen 1983 und 1985 entstand und nie auf einem regulären Album erschien, wie die EPs "Raining Pleasure", "Lawson Square Infirmary" und "Field Of Glass", die 16 der 19 Tracks ausmachen, plus zwei Single-Tracks und ein unveröffentlichter Song namens "Native bride".

Die sieben Songs von "Raining Pleasure" fallen dabei im Vergleich zu "Treeless Plain" doch etwas ab, wo die Band noch etwas unbeholfen wirkt, auch wenn das Material natürlich durchaus seinen Reiz besitzt, vor allem der düstere, folkig reduzierte Titeltrack, bei dem Keyboarderin Jill Birt singt.

Die "Lawson Square Infirmary"-EP war mir bisher unbekannt. Hie rpräsentieren sich die TRIFFIDS sehr traditionell, mit starken Folk-, Blues und Country-Einflüssen, was sich ein wenig von ihrem sonstigen Sound entfernt und sie weniger schwermütig wirken lässt.

Die drei Songs von "Field Of Glass" könnten mit ihrem aggressiven Psychedelicrock auch von Nick Cave stammen, und der neunminütige Titeltrack gehört sicher zu den Highlights der TRIFFIDS-Frühphase.

Sehr schön und absolut essentiell sind dann auf jeden Fall die letzten drei Tracks "Native bride", "Dear Miss Lonely Hearts" und "Beautiful waste", wobei das mit dem "unveröffentlicht" bei "Native bride" nicht so ganz stimmt, denn der ist zusammen mit "Dear Miss Lonely Hearts" auf einer australischen EP von Hot Records namens "Wide Open Road" enthalten gewesen - was man nicht so alles im Plattenschrank findet ...

Und schließlich "The Black Swan" von 1989, das letzte Album der TRIFFIDS nach "Calenture", wo sich die Wege von mir und David McComb trennten und wo man bereits den Titel mit Schwanengesang assoziieren könnte.

Die Platte hatte ich seinerzeit im Laden angehört und mit Erschrecken festgestellt, dass das ganz und gar nicht die TRIFFIDS von "Calenture" waren, sondern irgendeine komisch klingende Popband mit McComb als Sänger.

19 Jahre später merke ich immer noch sofort, was mir damals an "The Black Swan" nicht gefiel, wo Stephen Street seine Finger im Spiel hatte, der auch mit THE SMITHS, BLUR oder THE CRANBERRIES gearbeitet hat.

Denn McComb erlag dabei der fixen Idee, verstärkt aktuelle Popmusik, darunter HipHop, Rap und Funk, ebenso wie Jazz, Tango oder operettenhafte Gesangsparts zu verarbeiten, hinzu kam ein teilweise extrem elektronischer Synthie-Sound mit Drumcomputer und anderen gesampleten Elementen.

Das war schon harter Tobak, vor allem in der damaligen LP-Version, die nur 13 Songs enthielt, obwohl McComb mehr als genug Material für ein Doppelalbum geschrieben hatte. Die Neuauflage von Domino enthält jetzt 19 Songs und ich bin durchaus bereit, mein damaliges Urteil zu revidieren, denn "The Black Swan" besitzt doch mehr songwriterische Klasse als vermutet, auch wenn hier vieles nach wie vor gewöhnungsbedürftig ist.

Möglicherweise tatsächlich ein verkanntes Meisterwerk und immer als typisches TRIFFIDS-Album erkennbar, das einige der stärksten Songs der Band enthält, und das sind komischerweise nicht immer die, die auch von ihren älteren Platten stammen könnten.

Und so sind es gerade die von Jill Birt gesungenen Synthiepop-Nummern "Goodbye little boy" und "Good fortune rose", die ich inzwischen unheimlich charmant finde. Auf der zweiten Disc sind weitere 17 Tracks enthalten, darunter Alternativversionen im Demo-Status und Songs, die gar nicht verwendet wurden, und wo "The Black Swan" eine ganz andere songwriterische Dimension erhält.

Wer die Platte früher nicht mochte, sollte ihr in dieser Form noch mal eine Chance geben, denn McComb hat hier Popmusik von erstaunlicher Zeitlosigkeit geschaffen, die über die Jahre erst zu voller Blüte gereift ist, um so bedauerlicher, dass es die letzte Platte der TRIFFIDS war.

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