RET MARUT

Sommer der Anarchie

Wenn Schauspieler und Schauspielerinnen denken, sie müssten dann auch mal eine Band haben und Platten aufnehmen, kommt in den seltensten Fällen was Brauchbares dabei heraus – über schauspielernde Musiker (und Sänger!) wollen wir gar nicht erst reden.

Bei RET MARUT allerdings verhält es sich zum Glück anders: Bernd Michael Lade, bekannt als Polizist aus Detlev Bucks „Karniggels“ und natürlich als Tatort-Kommissar Kain an der Seite von Peter Sodann, war in den Achtzigern Teil der Ostberliner Punkszene und durfte mit seinen Bands planlos und CADAVRE EXQUIS am eigenen Leib erfahren, was die DDR-Führung von Jugendkulturen außerhalb der FDJ hält.

Fast forward nach 2008: Zusammen mit Gattin Maria Simon (ebenfall Schauspielerin, „Goodbye Lenin“, „Lichter“ ...) – beide singen und spielen Gitarre – sowie Tom Schwarz am Bass und dem einstigen CADAVRE EXQUIS-Mitstreiter Frank Straßburger am Schlagzeug gründet Lade getreu dem im zentralen Song „Punkmaschine“ enthaltenen Satz „Punk ist unsere Familientherapie“ seine neue Band RET MARUT.

„Sommer der Anarchie“ ist das erste Album, andere hätten bei 16 Songs und einer knappen Stunde Spielzeit da auch zwei Alben draus gemacht, doch schon daran sieht man, dass hier jemand was loswerden musste.

„Punk ist ... mach dein Ding, steh dazu“ sangen andere Berliner mal, und so haben Simon und Lade mit dieser Platte ihre Welt erklärt, sehr persönliche Texte geschrieben (die alle im Booklet abgedruckt sind), und dazu Musik eingespielt, die erfreulicherweise keinerlei „Klingt wie“-Reaktion hervorruft.

„Harte Rockmusik mit deutschen Texten“ trifft es ganz gut, mit hölzernem Deutschpunk hat das nichts zu tun, am ehesten noch fühle ich mich hier und da an DACKELBLUT erinnert, an späte SLIME, an ABWÄRTS.

Kein Album, um damit in Lifestyle-Magazinen zu glänzen, aber ein ehrliches. Mehr dazu im Interview mit Lade in Ox #82.