WARNER E. HODGES

Centerline

Es erforderte eine gewisse Menge Alkohol, die grauenvollen 80er Jahre zu überstehen. Der einzige Grund, sich retrospektiv an diese Dekade überhaupt erinnern zu wollen, sind die beiden Konzerte von JASON & THE SCORCHERS anno ’85 und ’89.

Wenn man von den denkwürdigen Bier-, Lambrusco- und Martini-Besäufnissen einmal absieht. Einen nicht unbeträchtlichen Reiz bei einem SCORCHERS-Konzert in jenen Tagen machte ihr Gitarrist Warner E.

Hodges aus. Der Mann trampelte nicht nur mit 6.2 auf der nach oben offenen Richter-Skala über die Bretter, tanzte mit seiner Gitarre Hoola Hoop und drehte Pirouetten wie ein bekloppter Büffel, nein, er spielte dabei auch noch wie ein junger Gott.

Und stellen Sie sich diesen Gott bitte als eine Art Gen-Mais aus Dave Edmunds, Brian Setzer und Doc Watson vor. Hinzu kommt, das will ich nicht verhehlen, sein überaus vorteilhaftes Aussehen.

Halblange Zottelhaare, ein schmieriges Grinsen, schön pummelig dabei, nicht allzu modisch angezogen, geil! Gut, Warner ist vielleicht kein klassischer Frauentyp, aber als Mann musste man sich sofort ihn in verlieben.

Nun hat dieses Weltwunder also, nach dreißig Jahren im Geschäft, sein erstes Solo-Album auf den Markt geworfen und für kein Geld der Welt – sagen wir: 15 Euro – werde ich diese Platte verreißen.

Produziert hat neben E. Hodges auch Dan Baird – und so klingt es dann auch. Eben so, als wären GEORGIA SATELLITES, DUSTERS, FABULOUS THUNDERBIRDS und JASON & THE SCORCHERS schon immer eine Band gewesen, ach, Sie ahnen es: Es ist eine durchweg amerikanische Musik – biergetränkt, schwitzig und relativ berechenbar, aber auch wertstabil wie eine Flasche Pils, sofern natürlich das Haltbarkeitsdatum nicht abgelaufen ist.

In diesem Punkt könnte diese CD in der Tat Probleme bekommen, denn sie wird vermutlich nicht sofort den Nerv jedes Bushido-Fans treffen. Aber sie wird all den tapferen Truckern da drüben gefallen, die sich für ihr Land den verdammten Arsch aufreißen, die ihren verdammten Sprit für die Tour nach New Mexico bezahlen müssen und eher George Thorogood wählen statt Barack Obama.

Well, „Centerline“ bietet grundsolide Hausmannskost auf Basis von Blues, Rock’n’Roll und der ersten schmerzhaften Scheidung, aber relativ intuitiv und energiegeladen, was die Gitarre betrifft.

Da wird nicht nur gebraten, da wird auch mal gepickt und „Time marches on“ gesungen, was sich ja nur wenige trauen würden hierzulande. Eine mutige Platte. Zumindest in einem Punk-Fanzine.