MUFF POTTER

Gute Aussicht

Es war ein Versuch, und wir wollten alle, dass er scheitert. Einmal mehr ließ sich eine von „unseren" Bands auf einen Majordeal ein, verbrannte über zwei Alben hinweg wohl erhebliche Mengen Geld, versuchte den Durchbruch zu schaffen, ließ sich musikalisch eigentlich nichts zu Schulden kommen, gab aber Interviews in kotzigen Nobelhotels (Nicht auf Rechnung der Plattenfirma, denn solche Kosten sind letzten Endes doch wieder voll verrechenbar und fallen letzten Endes auf die Band zurück ...) und dachte doch, sie könnte trotz jugendlichen Verbaldradikalismus' irgendwie letzten Endes damit ungeschoren davonkommen und so weitermachen wie bisher, nur eben auf TOMTE- und KETTCAR-Level.

Allein: Die Rechnung ging nicht auf, denn Nagel ist eben kein Feuilletonliebling wie Thees, kein von Punk zu Pop Gereifter wie Wiebusch, MUFF POTTER blieben im Kern doch die Kids aus Rheine, nur eben zehn Jahre älter.

Und jetzt sind MUFF POTTER zurück, leicht lädiert von der Schussfahrt durch den Eiskanal des Musikbusiness', und das bandeigene Label Huck's Plattenkiste, einst klares D.I.Y.-Statement, dann D.I.Y.-Surrogat, ist wieder die schnuckelige Homebase.

„Gute Aussicht" also, das neue Album: Nach einem Jahr im Ausland ist M.P. zurück an der alten Schule, man fremdelt zunächst etwas, aber jeden Tag kehrt mehr vom alten Vertrauen zurück, man erinnert sich, warum man befreundet ist, und bald schon ist vergessen, dass da mal so eine Art Unterbrechung war, merkt man, dass M.P.

eben doch einer von uns ist - nur erwachsener geworden. Die Texte beißen, sitzen, passen, auch wenn man für einen Satz wie „Der schönste Platz ist an der Hypotheke" (aus „Blitzkredit Bop") einen größeren Betrag als Strafzahlung in die Kalauerkasse einfordern will, haben hier und da aber auch mal etwas Bemühtes an sich - die Coolness eines Jens Rachut bleibt einfach unerreicht.

Apropos: Beim Opener „Ich und so" wird gedackelblutet, was das Zeug hält, an ein paar anderen Stellen auch - ist das dem Alter, der tiefer und rauher werdenden Stimme geschuldet? Egal, MUFF POTTER sind noch da, wieder, here to stay, musikalisch komplexer und abwechslungsreicher als zuvor, und ich glaube, es wird alles gut.

Gute Aussicht.