GRANT HART

Hot Wax

Fast zehn Jahre gab es kein wahrnehmbares musikalisches Lebenszeichen mehr vom ehemaligen HÜSKER DÜ-Schlagzeuger Grant Hart und plötzlich aus heiterem Himmel ein neues Album, ohne ein größeres Label in den Staaten über den Vertrieb MVD veröffentlicht.

Auch wenn es vielleicht etwas frevelhaft klingen mag, aber für mich war Hart immer der originellere der beiden HÜSKER DÜ-Songwriter, der die wirklich verrückten Ideen mit einem Hang zu fast poppigen Melodien hatte, während Mould einem eher Standard-Punkrock lieferte und sich über die Jahre in dieser Hinsicht nicht wesentlich verändert hat.

Ein dermaßen unberechenbares Album wie Hart 1989 auf SST mit „Intolerance“ hat Mould niemals zustande gebracht – ein Album, das definitiv zu den unterbewertetsten Platten der letzten 20 Jahre gehört und das voller psychedelischer, mit dominanten Orgelsounds unterlegten Popsongs mit 60s-Flair ist, etwa dem großartigen „All of my senses“.

Sicher, Mould hat auch schöne Musik gemacht, aber mein Post-HÜSKER DÜ-Highlight wird immer „Intolerance“ bleiben. Und nach ebenfalls nicht üblen Platten mit NOVA MOB oder auch solo kann Hart jetzt in gewisser Weise mit „Hot Wax“ dort anknüpfen.

Mit Nostalgie hat das nichts zu tun, denn sein Songwriting gehorchte sowieso noch nie irgendeinem Zeitgeist. Ein neues HÜSKER DÜ-Album darf man von Hart ebenso wenig wie von Mould erwarten, dafür gibt es aber deren Sinn für Melodien, herausgefiltert aus dem ganzen damaligen Noise und verpackt in leicht minimalistische Arrangements.

Eingespielt von Hart weitgehend im Alleingang und teilweise zusammen mit Mitgliedern von A SILVER MT. ZION und GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR, ohne dass das einen ähnlich ausgeprägten Effekt hätte wie bei Vic Chesnutts letzten beiden Platten.

Mit gut 30 Minuten fällt das Ganze zwar etwas kurz aus, aber Hart hat nichts von seinen früheren Qualitäten eingebüsst. Und irgendwie hat es auch viel mehr Charme, ein Album zu veröffentlichen, das nicht bis ins Kleinste durchproduziert ist und dessen Songs mehr etwas von nicht komplett vollendeten Skizzen haben, aber dennoch vor wundervoll hymnischen Melodien nur so strotzen.

Hoffentlich dauert es nicht wieder zehn Jahre bis zum nächsten Album.