KING CRIMSON

Red

Wie oft kann man eigentlich Platten von musikhistorischem Wert noch mal neu herausbringen? Wohl unendlich oft, wenn die Studiotechnik oder Bonusmaterial den erforderlichen Mehrwert schaffen, und der hörige Fan stellt sich eine geliebte Platte natürlich gerne drei- bis viermal in den Schrank.

Und so erschienen einige Platten, der in letzter Zeit wieder gerne als Einfluss genannten britischen Progrocker KING CRIMSON bereits im Jahr 2005 in digital aufgepeppten Versionen (siehe Besprechung in Ox #60).

Einige Jahre später kommen drei Alben jetzt erneut als so genannte 40th Anniversary Series heraus, die von PORCUPINE TREE-Kopf Steven Wilson, in enger Zusammenarbeit mit Robert Fripp, mit diversen neuen Abmischungen auf CD und DVD versehen wurden, unter anderem in 5.1 Surround Sound, neben zusätzlichen Bonustracks (überwiegend alternative Versionen der Albumsongs) und Videomaterial.

Oft wird bei solchen neuzeitlichen Abmischungen ja ziemlicher Murks fabriziert, siehe die Stereo-Box der BEATLES, hier ist man aber auf der sicheren Seite, alles andere wäre für einen bekennenden KC-Fan und Perfektionisten wie Herrn Wilson auch äußerst peinlich.

Aber ich bin dann doch zu wenig Technik-Nerd, um das wirklich würdigen zu können, da reicht mir ein solider Stereo-Mix, der auch hier ziemlich kraftvoll und transparent klingt und in neuem Glanz erscheint.

Großer Mist ist allerdings die Verpackung, denn die Doppel-Digipacks mit einem umfangreichen Booklet wurden unter Hochdruck in dünne, viel zu enge Pappschuber gepresst und lassen sich nur unter Gewaltanwendung wieder herausbekommen, worunter auch sehr der Schuber selbst leidet, da wurde mal wieder am falschen Ende gespart.

Und was die Alben selbst angeht, die gelten natürlich nicht ohne Grund als Klassiker der Musikgeschichte und haben moderner Rockmusik tatsächlich eine immer noch spürbare progressive Note verpasst.

Bei „In The Court Of The Crimson King“, dem Debüt von 1969, ragt natürlich vor allem der KC-Übersong „21st century schizoid man“ heraus, ansonsten sind KC hier noch etwas zu sehr hippieeskem Gedudel verbunden – ich mag’s trotzdem.

Wesentlich spannender beziehungsweise homogener ist da das dritte Album „Lizard“ von 1970, mit dem die erste Phase von KC ihren Abschluss fand. Ein recht jazziges Album, das mit sehr komplexen vielschichtigen Kompositionen und langen Instrumentalteilen aufwartet und insgesamt immer etwas unterschätzt wird, weil es sich nicht sofort erschließt, aber wahrscheinlich KC von ihrer brillantesten Seite zeigt.

Den besten Einstieg in das von ständigen Besetzungswechseln beherrschte KC-Universum bietet einem aber das als Trio eingespielte Album „Red“ von 1974, ihr letztes in den 70ern, das am anschaulichsten den Einfluss der Band auf späteren Alternativerock aufzeigt.

Ein für die damalige Zeit extrem hartes und düsteres Album, das nichts mit irgendwelchem Hippierock zu tun hat und immer noch erstaunlich frisch und kraftvoll klingt, so als ob es gestern erst aufgenommen worden wäre.

Drei Platten, mit denen man eigentlich nicht allzu viel falsch machen kann und die hier in technischer Hinsicht quasi noch mal den letzten Schliff bekommen haben, wobei das mit dem „letzten“ auch schnell wieder überholt sein könnte.