ALPINIST

Lichtlaerm

„Lärm ist ein geeignetes Mittel, die Stimme des Gewissens zu übertönen.“ Mit diesem Zitat von Pearl S. Buck, einer US-amerikanischen Schriftstellerin, die 1938 den Literatur-Nobelpreis verliehen bekam, verwirren ALPINIST aus Münster im Textbeiblatt ihres neuen Albums.

Denn in der Sichtweise der „Normalen“ ist ihre/unsere Musik, live wie auf Platte, genau das: Lärm. Hören wir diese Musik also, um uns ohne Drogen der Realität zu entziehen, unser Gewissen zu betäuben? Sicher eine zu negative Sichtweise, aber was genau ALPINIST mit dem Zitat sagen wollen, bleibt ungewiss, wobei das Wort „Lichtlaerm“ (mit diesem seltsamen skandinavischen AE-Doppelbuchstaben geschrieben) wiederum positiv klingt: Lärm, der erleuchtet, der den Weg weist, den Geist erhellt – auch das Gewissen? Viele Gedanken zu 32:59 Minuten Musik, die, so schreibt die Band weiter, das Ergebnis von einem halben Jahr Verzicht auf ein normales Sozialleben sind.

Auch ein interessanter Aspekt: Wer macht sich jemals als Nichtmusiker Gedanken darüber, wie viel Zeit Menschen in das stecken, was dann in seiner Essenz gerade mal eine halbe Stunde Unterhaltung bietet? Wobei „Unterhaltung“ auch so ein Unwort ist: Von ALPINIST lässt man sich nicht unterhalten, ihre Musik ist intensivster, dunkler Hardcore, der auf dieser neuen Platte nicht mehr so crustig ist wie bisher, sondern komplexer und atmosphärischer geworden ist.

Das gefällt mir ausgesprochen gut, diese Ausflüge in Gefilde von DEFEATER bis (alte) NEUROSIS, ohne den ursprünglich eingeschlagenen Kurs aus den Augen zu verlieren. Eine echte Ausnahmeband.

LP kommt auf 1.000 limitiert, 200 davon in clear vinyl, und dazu gibt’s ein kleines Textheft mit Erläuterungen zu den Inhalten. Wie viele gute Platten in letzter Zeit aufgenommen in der Tonmeisterei in Oldenburg.

(Diese Band war auf der Ox-CD #93 zu hören)