DRITTE WAHL

Gib Acht!

Nein, das hätte ich nicht gedacht! Selbstverständlich weiß ich um die begnadenswerte Spielfreude der drei Rostocker, von den Live-Qualitäten ganz zu schweigen. Auch das Durchbrechen musikalischer Barrieren markierte stets eine klare Qualitätsgrenze zur Konkurrenz.

Tja, und textlich galt bereits auf dem Debüt von 1992 (!) „Fasching in Bonn“, was auch 2011 gilt: Überlegte, eindeutige, ungeschminkte und zeitnahe Inhalte. Ob gesellschaftlich politisch oder persönlich geprägt, kaum einer Band aus dem Punk-Metal-Bereich hört man wirklich zu beim Hören, man versinkt förmlich in den Songs.

So auch auf dem achten – regulären – Studioalbum, welches in Eigenregie veröffentlicht wurde und schon rein optisch ansprechend daherkommt. Der Grund für meine Euphorie sind aber die 14 Songs (Vinyl: drei Bonusstücke), die noch besser und durchdringender als alles bisherige daherkommen.

Auch merkt man der Platte an, wie tief der Schmerz über den Verlust von Busch’n (R.I.P.) immer noch sitzt. Das macht sie persönlich. Die fünf Jahre Abstand zum schicksalhaften Vorgänger „Fortschritt“ („Wir machen hier keine Jammerplatte!“, Busch’n 2005, Review: Ox #64) taten gut und summieren sich zu einem musikalischen Parforceritt durch ein ganzes Genre mit mutigen Blicken in andere Gewässer.

Außerdem ist den dreien ein kleines Kunststück gelungen, denn die Platte arbeitet kurzweilig 22 Jahre Bandgeschichte auf und lässt alte wie auch neue Fans zusammen feiern. Es gibt Heftiges („Alles wird gut“, „Aufhör’n kann ich gut“), Trauriges („Ich bin’s“), Nachdenkliches („Morgen schon weg“), Eingängiges („Singles“, „Das sieht gut aus“, „Fliegen“) und zwei Überhits („Wo ist mein Preis?“, „Keine Angst“).

Die Stücke sind amtlich produziert, gekonnt gespielt und effektvoll getuned mit Dudelsack-, Bläser-, Piano- und Geigenpassagen. „Ich bin dafür, dass wir uns wieder überlegen, wohin wir wollen, wofür lohnt es sich zu leben.

Wo unsere Träume und die Wirklichkeit sich trennen. Wo wir die Hebel wirkungsvoll ansetzen können.“ Deutsch-Punk, not Deutsch-Rock!