F.S.K.

ist ein Mode & Verzweiflung Produkt

Es gibt den wundervollen Slogan „Hilf der Polizei und schlag dich selber!“, und an den muss ich immer denken, wenn ich die Aufkleber der FSK, der „Freiwilligen Selbstkontrolle“, auf DVD-Hüllen sehe. Nun ist die FSK nicht die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, aber der Ruch von vorauseilendem Gehorsam und Selbstzensur umgibt sie doch.

Mit Punkten jedoch wird die Abkürzung zu F.S.K., was auch für FREIWILLIGE SELBSTKONTROLLE steht, aber eben nicht das 1949 entstandene Institut bezeichnet, sondern die Münchner Band, die sich 1980 gründete, irgendwo zwischen Punk, diesem neuen Ding aus England namens „New Wave“, dem, was dann zur Neuen Deutschen Welle entartete – und Kunst.

Die erste EP erschien folgerichtig bei Alfred Hilsbergs ZickZack-Label, wo alles erschien, was irgendwie seltsam war. Für den gemeinen Punk waren F.S.K. nie was, dem waren sie zu – sorry für dieses abgeschmackte Wort – „schräg“, bei allem Minimalismus und seltsamer Texte einfach nicht so klamaukig wie andere, und das kann man bei dieser Dreier-CD-Box, die 30 Jahre F.S.K.

abdeckt, an den Stücken der ersten CD erkennen. Sehr sperrig und unfertig wirkt die Band um Thomas Meinecke, Justin Hoffmann, Michaela Melián und Wilfried Petzi hier noch, und das machte genau ihren Reiz aus, wie auch der Sprechgesang Meliáns, der bei den paar englischen Stücken schwer nach Nico klingt.

Auch im Ausland gefiel das, John Peel lud zu Sessions – und über dem lag eine gewisse Theorielastigkeit, wobei ich nicht weiß, ob damals schon der Begriff „Popdiskurs“ gebräuchlich war. Wer F.S.K.

hörte, las auch Spex und hatte Abitur. Daran änderte sich auch im nächsten Jahrzehnt nichts, das die Münchner mit einem gewagten Schritt begannen. Im Netz findet sich dazu der wundervolle Satz „Die Band, die sich aus ästhetischen Gründen lange gegen Schlagzeuger gewehrt hatte, nahm 1990 Carl Oesterhelt als solchen auf.“.

Den Vorbehalt kann man verstehen, Schlagzeuger sind ja wie Hunde, die stinken, können sich nicht benehmen, und vor allem zieht damit der böse Rockismus ein. Zwanzig Jahre später ist das sowieso kein Thema mehr, vor allem aber wären die wunderbar fließenden, trancigen und auch technoiden Songs mit ihren weichen Beats nicht umsetzbar gewesen, denen sich die Band in den Neunzigern zuzuwenden begann.

Mit „Tel Aviv“ veröffentlichten sie 1998 ihr für mich bestes Album – waren sie 10, 15 Jahre zuvor noch spröde und bewusst unzugänglich gewesen, erwiesen sich F.S.K. jetzt zum Schreiben von Songs fähig, die auch ohne popkulturellen Überbau funktionierten.

Was nicht bedeuten soll, dass die „Botschaft“ verloren ging, sie wurde nur anders verpackt, wobei die Akteure sich verstärkt außerhalb der Musik künstlerisch betätigten und zunehmend etablierten.

Zum Jubiläum entstand nun diese Box, die mit dickem Booklet und Poster kommt und einerseits dazu angetan ist, Menschen an F.S.K. heranzuführen, die bedingt durch jugendliches Alter den Zugang bislang nicht gefunden hatten, wie auch frühe Fans vom Griff zu längst eingestaubten 12“s zu entlasten.

Für beide Gruppen lohnt die (erneute) Beschäftigung mit diesem Aspekt deutscher Subkultur.