NEW YORK DOLLS

Dancing Backward In High Heels

Kommen die Mitglieder einer alten Band nach vielen Jahren noch einmal zusammen, kommt mit etwas Glück ein akzeptables Spätwerk dabei heraus – und das war’s dann. Diese Vermutung stand auch bei den NEW YORK DOLLS im Raum, als die sich 2004 nach 29 Jahren auf Initiative von Morrissey wieder zusammenrauften.

„One Day It Will Please Us To Remember Even This“ war 2006 das medial auf großen Widerhall stoßende gerade mal dritte Studioalbum, das natürlich nicht mehr den rebellischen Charme der beiden Klassiker „New York Dolls“ (1973) und „Much Too Soon“ (1974) versprühte, aber keinen Anlass zur Kritik bot.

Eine Eintagsfliege? Mitnichten. „Cause I Sez So“ erschien 2009, die verbliebenen Ur-Mitglieder David Johansen und Sylvain Sylvain wollten es noch mal wissen, doch das Label zeichnete sich durch Untätigkeitssabotage aus, die Platte verpuffte, obwohl es auch hier nichts auszusetzen gab.

Entmutigend? Nicht für Johansen/Sylvain, die mit „Dancing Backward In High Heels“ nun auch noch ein drittes Neuzeit-Album aufgenommen haben, wenn auch in anderer Besetzung. Drummer Brian Delaney ist ihnen seit 2005 treu geblieben, doch Frank Infante (unter anderem BLONDIE), der noch im Studio mit von der Partie war, ging unlängst von der Fahne, wie auch Sami Yaffa und Steve Conte.

Geschadet hat das nicht, Sylvain und Johansen sind eben die maßgeblichen Personen hier, wobei auch die Rolle von Jason Hill (LOUIS XIV) nicht unterschätzt werden darf, der den Dolls nicht nur als Bassist dient, sondern auch für die eigenwillige, opulente Produktion verantwortlich zeichnet.

Die große Überraschung ist nämlich, dass Fans, die ein rotziges Glam-Rock-Album erwarten, etwas überrascht sein dürften vom hier gebotenen Sixties-Pop-Groove, von den Einflüssen aus Soul und Blues und Pop, dem Rückgriff auf SHANGRI-LAS und Bo Diddley, auf jene Einflüsse, die auch das Rückgrat der verpunkten Pop-Songs der RAMONES bildeten.

Die Massen erreicht man mit so was verständlicherweise nicht, der popkulturell versierte Musikgourmand hingegen sollte hieran Gefallen finden. Auf der Bonus-DVD gibt’s ein „Making Of ...“ sowie Konzertmitschnitte von 2010.

(Diese Band war auf der Ox-CD #95 zu hören)