QUEEN

Deep Cuts 3

„Rosinenpicken gilt nicht, entweder man hat alle Platten im Schrank oder keine“, schrieb unser Chefredakteur kürzlich in seiner Besprechung der neu aufgelegten QUEEN-Alben sechs bis zehn, hier aber hat er dann doch gekniffen.

Ja, die Jahre ab 1984 waren sicher nicht die stärksten der Briten und viele alte Fans, darunter eben auch der Ox-Chef, nahmen der Band den immer größer werdenden Seicht-Pop-Anteil in ihrer Musik übel und sogar persönlich.

Recht haben die Kritiker damit, dass keines der späteren QUEEN-Alben mit Genuss komplett durchhörbar ist, dennoch finden sich auch hier mal mehr, mal weniger gute bis brillante Songs, die den Großtaten der Siebziger zwar nicht ebenbürtig sind, die es aber auch nicht verdient haben, ignoriert zu werden.

Was für „We will rock you“ und „We are the champions“ gilt, trifft auch auf „Radio ga ga“ und „I want to break free“ zu: Man konnte sie wegen allgegenwärtigen Totgenudels irgendwann nicht mehr hören.

Der Unterschied ist allerdings, dass die beiden Letzteren auch objektiv gesehen nicht zu QUEENs Besten gehören. Allerdings waren diese beiden Superhits des 1984er Albums „The Works“ für mich als Neunjährigen die erste Begegnung mit QUEEN und wecken somit, wie die gesamte Platte, auch heute noch nostalgische Erinnerungen.

Davon abgesehen ist „The Works“ aber wirklich nicht so beschissen, wie es sich viele einreden. Noch befangener bin ich bei „A Kind Of Magic“ von 1986, alleine schon weil einige Songs in anderen Versionen als Soundtrack des Films „Highlander“ dienten, den ich mir heute noch gerne ansehe.

Und mal ehrlich: Was gibt es an „Princes of the universe“, „Gimme the prize“ oder vor allem der so wunderschönen wie todtraurigen Schnulze „Who wants to live forever“ denn ernsthaft auszusetzen? Und selbst „One vision“, „Friends will be friends“ und den Titeltrack mag ich irgendwie.

Ja, cheesiger Achtziger-Pop. So what? An „The Miracle“ von 1989 gibt es allerdings wenig schönzureden. Da mir die „alten“ QUEEN mittlerweile durchaus bekannt waren und sich somit eine Kritikfähigkeit einstellte, enttäuschte mich das 13.

QUEEN-Album schon damals. „I want it all“ finde ich nach wie vor großartig (der speedige Hardrock-Mittelteil ist herrlich!) und auch „Breakthru“ oder „Was it all worth it?“ sind nicht übel, der Rest aber schon.

„The invisible man“? Oje ... Als „Innuendo“ 1990 eingespielt wurde, war Sänger Freddie Mercury schon todkrank; er starb im November 1991, neun Monate nach der Veröffentlichung. Hier und da hört man die Achtziger noch nachhallen, insgesamt aber machte „Innuendo“ den Eindruck, dass sich QUEEN im neuen Jahrzehnt eventuell doch wieder zu alter Stärke hätten aufraffen können.

Mit dem Titelsong (dieser wahnsinnige Flamenco-Mittelteil!) und natürlich dem tränentreibenden Mercury-Abschied „The show must go on“ finden sich hier zwei späte Perlen des gesamten QUEEN-Schaffens, aber auch „I’m going slightly mad“, „Ride the wild wind“ oder „Bijou“ sind richtig gute Songs.

Das letzte QUEEN-Album „Made In Heaven“ erschien posthum 1995 und wurde zum Teil noch zu Mercurys Lebzeiten aufgenommen; May, Taylor und Deacon nutzen aber auch ältere unveröffentlichte Gesangsaufnahmen von Mercury und spielten dazu die Musik neu ein.

„Made In Heaven“ war leider keine zwingende Veröffentlichung, hat aber zumindest mit dem Titelsong und „Too much love will kill you“ erinnerungswürdige Momente und entsprach dem Wunsch Mercurys, der so viel Musik hinterlassen wollte, wie er konnte.

Auch diese letzten Teile der von Gitarrist Brian May und Schlagzeuger Roger Taylor klangtechnisch dezent bearbeiteten Reiusse-Serie erscheinen als „normale“ sowie als Deluxe-Edition mit Bonus-CD und werden vom dritten „Deep Cuts“-Teil begleitet, der wieder nicht ganz so offensichtliche Songs der fünf Album versammelt.

So, und auch wenn die anderen beiden Ox-Redaktionsmitglieder die Köpfe schütteln mögen: Auch das hier alles gehört in eine gut sortierte Plattensammlung. Unter uns: Die zwei sind mit Synthiepop und AOR groß geworden, was wissen die denn schon?