BONE ORCHARD

Stuffed To The Gills And Other Fishy Tales

Die britische Musikszene der Achtziger brachte ein Genre zur Blüte, das damals (und bis heute) mit dem Begriff „Goth“ belegt wird (idiotische ostdeutsche Karnevalsfestival-Veranstalter haben daraus in grotesk falscher und dummer Übersetzung „Gotik“ gemacht ...) und eine bei genauer Betrachtung enorm große Bandbreite umfasst.

BONE ORCHARD aus Brighton um die mit markanter, blonder und toupierter Frisur auftretende Frontfrau Chrissy McGee gründeten sich 1983 und existierten bis 1986, also in der Blütezeit jenes Genres.

Vier Singles und EPs, ein Album („Jack“, 1984) und ein Mini-Album („Penthouse Poultry“, 1985) veröffentlichte die Band, die sich zwischen so diversen Stilen wie Post-Punk, „typischem“ Goth-Rock, Psychobilly und BIRTHDAY PARTY-Eigenwilligkeit bewegte und deren Sängerin optisch wie stimmlich (und durchaus nicht unzutreffend) damals oft mit Siouxsie Sioux verglichen wurde.

BONE ORCHARD waren durch die oft loungige, beinahe jazzige Anmutung ihrer Musik eigenwillige Vertreter des Genres und sind kein Stoff für Menschen, die ihren Wave-Goth-Rock gerne klischeehaft haben, aber selbst das, was damals im Studio konserviert wurde, erweckt den Eindruck, dass diese Band live ein Erlebnis gewesen sein muss, was auch im umfangreichen Booklet geschildert wird.

Die wenigen Jahre, die die Band existierte, waren wohl so intensiv, dass McGee danach dem Musikerleben abschwor, eine Entziehungskur machte und sich seitdem von entsprechenden Aktivitäten fernhält.

Auf „Stuffed To The Gills And Other Fishy Tales“ findet sich ein Querschnitt der bis auf das finale „Penthouse Poultry“-Album via Jungle veröffentlichten Platten, wobei mit 17 Stücken eben nicht alles Material jener Jahre enthalten ist.

Statt einer zweiten CD gibt es eine DVD, die neben Videoclips noch einen Konzertmitschnitt aus dem Paradiso in Amsterdam enthält. Nett, aber mir wäre eine lückenlose Werkschau lieber gewesen.

Die CD/DVD ist in Deutschland übrigens nicht offiziell erhältlich, sondern nur über den Jungle-Webshop. Der Grund: Die paranoiden Zensur-Gesetze in Deutschland, die jedes Label und jeden Vertrieb zwingen, jede noch so harmlose DVD ein recht teures, aufwendiges FSK-Verfahren durchlaufen zu lassen, was sich bei solchen Releases einfach nicht lohnt.

Wo ist eigentlich die EU, wenn es darum geht, solche idiotischen Handelshindernisse aus dem Weg zu räumen?