DAVID SYLVIAN

A Victim Of Stars

Im Fall eines Künstlers, dessen Schaffen man schon seit den Achtzigern intensiv verfolgt, kann man eigentlich nicht anders, als bei einer „Best Of“-CD die Position des Advocatus Diaboli einzunehmen. Denn Fans des früheren JAPAN-Sängers David Sylvian werden diese Veröffentlichung nur mit einem gelangweilten Achselzucken quittieren, auch wenn hier ein neuer exklusiver Track des Meisters als Kaufanreiz enthalten ist.

Für diese Zusammenstellung mit insgesamt 31 Stücken aus Sylvians inzwischen 30-jähriger Karriere spricht allerdings, dass sie tatsächlich in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler entstanden zu sein scheint, denn hier finden sich nicht nur Stücke, die Virgin „gehören“ (wie es süffisant im Einleger heißt), sondern auch das Material, das Sylvian in den letzten zehn Jahren auf seinem eigenen Label Samadhisound veröffentlicht hat und das ein Drittel der Compilation einnimmt.

Also keine reine „Cashcow“, mit der ein Label noch mal ein paar Cent aus einem finanziell bereits komplett abgeschriebenen Künstler herausquetscht, sondern eine halbwegs ernsthafte Aufarbeitung von dessen Werk.

Kennt man alles, hat man alles, sagt der Fan, klar, aber wer diesen großartigen und einflussreichen Künstler bisher noch gar nicht oder nur am Rande wahrgenommen hat, und meint, daran etwas ändern zu müssen, dem liefert diese geschmackvolle Zusammenstellung auf jeden Fall einen sehr repräsentativen und vor allem schlüssigen Querschnitt seiner Arbeiten.

Zumal es bisher auch noch keine reine „Best Of“-Platte von Sylvian gab, denn etwa „Everything And Nothing“ von 2000, ebenfalls bei Virgin erschienen, enthielt viele unveröffentlichte Stücke und alternative Versionen.

Den Anfang macht hier natürlich der ewige JAPAN-Klassiker „Ghosts“, quasi die Blaupause für Sylvians späteres Schaffen, seine Zusammenarbeit mit Ryuichi Sakamoto wird gut abgedeckt, ebenfalls die JAPAN-Reunion unter dem Namen RAIN TREE CROW, bis hin zu seinen aktuellen, höchst komplexen und schwierigen Solo-Platten, an denen sich inzwischen die Geister der Sylvian-Fans scheiden.

Unter dem Strich also eine überraschend homogene Angelegenheit und für mich ein gelungenes Mixtape, wo auch selbst für den Fan noch ein kleines Schmankerl dabei ist, in Gestalt des wunderschönen Songs „Forbidden colours“ in der alternativen B-Seiten-Version der „Red Guitar“-Single, die auf den CD-Erstauflagen des „Secrets Of The Beehive“-Albums von 1987 enthalten war, aber nicht auf den remasterten Fassungen von 2003.