DICKS

Kill From The Heart

Eine wirkliche Notwendigkeit, diese beiden Alben der 1980 in Texas gegründeten DICKS neu aufzulegen, gab es nicht, denn Spätgeborene konnten sich seit 1997 mit der 21 Tracks umfassenden Werkschau „1980-1986“ vergnügen.

Andererseits sind die Originalalben natürlich irgendwie „echter“, so dass Alternative Tentacles jetzt das Debüt „Kill From The Heart“ (1983 auf SST erschienen) sowie „These People“ (AT 1985) in remasterter Form neu aufgelegt hat, jeweils als LP und CD, wobei die Bonustracks der CD in der Downloadversion der LP enthalten sind.

Was nicht ganz unwichtig ist, sind doch die Bonusstücke des Debüts jene drei Songs der legendären Debüt-7“ „Dicks Hate The Police“ von 1980, damals erschienen auf R Radical Records. Austin, TX war damals ein gutes Pflaster für Punkbands, man traf sich in der Punkbar „Raul’s“, mit Bands wie MDC, BIG BOYS oder BUTTHOLE SURFERS war die Szene sehr divers und kreativ.

Die erste Version der DICKS zerbrach aber schon nach dem Erscheinen des Debüts wieder, denn Frontmann Gary Floyd, als offen homosexuell lebender Punk damals eine Ausnahmeerscheinung, ging nach San Francisco, wo er die Band in neuer Besetzung wiederbelebte.

Mit Klassikern wie „Hate the police“ (später von MUDHONEY gecovert), „Kill from the heart“ (THE SPITS) oder „Wheelchair epidemic“ (THE JESUS LIZARD würdigten das später auf einer 7“), mit aussagekräftigen politischen Titeln wie „Anti-Klan“, No nazi’s friend“ oder „Bourgeois fascist pig“ machte Gary Floyd, der sich nicht scheute, ein frühes DICKS-Logo mit Hammer und Sichel zu verzieren, im reaktionär-konservativen Texas schon früh klar, wofür Punk seiner Meinung nach stehen sollte.

Die „neuen“ DICKS aus San Francisco nahmen dann noch stärker eine Musikrichtung vorweg, die Floyd 1986 nach dem Ende der DICKS (die bis heute immer wieder mal einzelne Konzerte spielen) mit SISTER DOUBLE HAPPINESS, THE GARY FLOYD BAND und in den Neunzigern mit BLACK KALI MA einschlug: der Blues in seiner verpunkten, kaputten Form hatte es ihm von jeher angetan, schon auf dem Debüt musste man sich als junger Punk mit dem stampfenden, wilden „Rich daddy“ anfreunden, das eine ganz andere Klangfarbe hatte als Punk und Hardcore sonst.

Aber auch Roky Erickson (auch ein Texaner) hatte seine Spuren hinterlassen, wie man bei „Cities are burning“ hören kann. Die drei Bonustracks von „These People“ stammen von der „Peace?“-EP (1984, R Radical).

Die DICKS waren/sind ein leuchtendes Beispiel für die Diversität der frühen US-Punk-Szene, sie bewegen auch heute noch, ihr Bluespunk wirkt kaum in die Jahre gekommen, zündet immer noch – man wünscht sich, Gary Floyd würde es noch mal nach Europa schaffen für ein paar Konzerte.

Beide Releases kommen mit Textblatt, aber ohne Linernotes.