CHRIS WOLLARD & THE SHIP THIEVES

Canyons

Der Mann, der eigentlich bei HOT WATER MUSIC eine der beiden Gitarren bedient, ist umtriebig, das ist bekannt. Nicht so präsent wie Bandkollege Chuck Ragan, den man mittlerweile mehrmals jährlich auf deutschen Bühnen bestaunen kann, aber doch umtriebig genug, dass eine beachtliche Zahl an Studioalben entstanden ist.

Neuestes Projekt im Hause Wollard sind seit einigen Jahren die SHIP THIEVES, benannt nach einem gleichnamigen Roman der britischen Autorin Siân Rees. Das Debütalbum aus dem Jahre 2009 brillierte größtenteils mit ruhigen Indie-Klängen und wartete nur in wenigen Momenten mit punkrockigen Tönen auf, wie etwa bei dem Opener „No exception“.

Der Status als Geheimtip wurde dann auf der ersten Europatour der Band, die sich direkt an eine HWM-Tour im Dezember 2009 anschloss, offensichtlich. Nur wenige Besucher fanden den Weg in die kleinen Clubs.

Es folgten vereinzelte 7“s, bis „Canyons“ dann im November letzten Jahres erschien. Der geneigte Fan wird es schnell bemerken: Einige der Songs auf dieser neuen LP wurden damals schon live gespielt.

Diese Tatsache scheint den Charakter der Band durchaus widerzuspiegeln, man wirkt entspannt und zurückgelehnt, hat es nicht allzu eilig, ist dabei aber nie schläfrig, eher melodisch rockend als bissig keifend.

Dass sich Wollards Geduld bezahlt gemacht hat, wird nach den ersten Akkorden klar. Lupenreiner Südstaaten-Rock („Dream in my head“) mit Country- („Lonely days“), Blues- („Sick sick love“) und Punk-Anleihen („Crawl“) wird hier auf hohem Niveau geboten.

So klingen keine Berufsanfänger, das ist erwachsener Rock’n’Roll von einem, der die Schnauze voll hat von Szeneplattitüden, die Dinge lieber mit sich selbst ausmacht und nebenbei großer Fan von Tom Petty ist.

Getragen wird dieses Konstrukt von einer bekannt und markant rauchigen Stimme, die zwischen Melancholie und Geradlinigkeit pendelt und ihre wirkliche Kraft durch knackige Melodiebögen entwickelt.

Dazu ein ausgetüftelter Gitarrensound, der mit jedem Hören immer wieder neue Details entdecken lässt und seinen Höhepunkt im Solo von „Sick sick love“ findet. Mit „Modern faith“ ist übrigens ein unveröffentlichter ehemaliger DRAFT-Song vertreten, jener aus Dreiviertel-HOT WATER MUSIC bestehenden Band, die sich nach der vorübergehenden Pause zusammenfand und 2006 mit „In A Million Pieces“ die einzige LP via Epitaph veröffentlichte.

Ein gelungenes Artwork aus der Linse des Protagonisten gibt es obendrein, welches die Grundstimmung der Band wunderbar einfängt. Einziger Minuspunkt: Mit „When you’re outta your mind“ existiert ein nur via iTunes zu erwerbender Bonus-Song, der mit zu den besten der Band gehört und den man besser auf der LP platziert hätte.