INDOOR LIFE

s/t

Eine der Wiederveröffentlichungen aus der Kategorie „Da denkt man, man kennt schon alles, und dann ...“. Dann? Dann stellt man fest, dass zwischen all den größeren Nischenbands immer noch kleinere, weitere Nischenbands existier(t)en, etwa um 1980 herum in San Francisco.

INDOOR LIFE waren Zeitgenossen und Freunde von TUXEDOMOON, deren Bruce Geduldig über die Band in den Linernotes hier im Booklet schreibt: „(...) together with SNAKEFINGER and INDOOR LIFE, we were three West-coast bands on tour in ’80, seducing and shocking the French public, who had only tasted the tip of punk, California’s ,new-wave‘ not having been seen there much before then.

INDOOR LIFE and TUXEDOMOON were similar in some ways: drum machines, keyboards, horns, the ritualist shamanist quality of the singers sinewing around circular chord progressions.“ Und der Mann hat recht: Wer TUXEDOMOON jenseits ihres völlig untypischen Klassikers „No tears“ kennt und schätzt, der wird auch an den fremdartigen, eigenwilligen Klangwelten Gefallen finden, die sich auf dieser Doppel-CD entfalten (warum kein Vinyl??).

INDOOR LIFE experimentierten wie TUXEDOMOON in den Nachwehen des Punk mit elektronischer Musik, waren eher Kunststudenten als Straßenköter, und wenn sie etwas weniger auf die holperigen Nebenstraßen gesetzt hätten, man kann es erahnen, wäre ihnen vielleicht ein Pop-Erfolg wie vielen ihrer britischen Zeitgenossen à la SIMPLE MINDS, ULTRAVOX oder HUMAN LEAGUE vergönnt gewesen.

So hat man das Gefühl, dass Sänger Jorge Socarras seine Texte (heute ist der Mann als Autor aktiv) bewusst so schräg und eigenwillig intonierte, um nur sicherzustellen, dass sich der kommerzielle Erfolg nicht einstellt.

Mich erinnert das auch immer wieder an die Soloalben von Alan Vega (SUICIDE) – INDOOR LIFE (die sich 1987 auflösten) balancierten zu einer Zeit, als an der Ostküste No Wave die Punk-Idee in neue Sphären entführte, an der Grenze zwischen komplexer Eigenwilligkeit und kommerziellem Potenzial.

Beim Münchner Label Compost Records, sonst eher auf Dance und Techno spezialisiert, hat sich dessen Chef Michael Reinboth mit diesem Release wohl selbst einen Traum erfüllt, findet sich in den Linernotes doch eine von ihm verfasste, begeisterte INDOOR LIFE-Rezension aus dem Elaste-Fanzine von 1981.

Enthalten sind hier remasterte Songs der ersten vier EPs sowie des ersten, titellosen Albums, ergänzt um diverse unveröffentlichte Songs/Versionen. Ein spannender Rerelease!