YO LA TENGO

Fade

Das erste Mal stieß ich auf YO LA TENGO, als ich 1987 angefixt durch HÜSKER DÜs Album „Warehouse: Songs And Stories“ nach Bands suchte, die auf ähnlich eigenartige Weise Krach und Melodien miteinander verbinden.

Inzwischen mag die schrullige Band aus Hoboken, New Jersey um das Pärchen Ira Kaplan und Georgia Hubley an Gitarre und Schlagzeug, die sich auch gesanglich hervorragend ergänzen, nicht mehr wie die offensichtlichste Wahl für diese Kategorie erscheinen, wenn man den bisherigen YO LA TENGO-Backkatalog als Ganzes betrachtet.

Damals allerdings sah die Wahrnehmung bei deren zweitem Album „New Wave Hot Dogs“ noch ganz anders aus. Denn darauf vermischten sich schroffe garagige Rocker mit naiv-verträumten Popsongs, inklusive der Coverversion eines obskuren VELVET UNDERGROUND-Stücks, das nie über den Demo-Status hinausgekommen war.

Insofern war hier bereits alles vorhanden, was auch die späteren YO LA TENGO ausmachte, wenn auch in etwas ungeschliffenerer Form. Ihr Umgang mit Feedback und Melodien ist seitdem vielschichtiger und subtiler geworden, und ähnlich wie SONIC YOUTH sind YO LA TENGO eine seltsame Konsensband und Kritikerlieblinge geworden, die mit „Fade“ ihr 13.

Album aufgenommen haben. Leider wurden YO LA TENGO 1997 mit Album Nr. 8 „I Can Hear The Heart Beating As One“ aber auch immer langweiliger und berechenbarer. Die folgenden drei Alben „And Then Nothing Turned Itself Inside Out“ (2000), „Summer Sun“ (2003) und „I Am Not Afraid Of You And I Will Beat Your Ass“ (2006) hinterließen bei mir keinen besonderen Eindruck, ohne dass man tatsächlich etwas daran schlecht finden konnte.

In meine persönliche Wahrnehmung zurück brachte YO LA TENGO erst 2009 das Album „Fuckbook“, das Hubley, Kaplan und James McNew, der seit 1992 fest zur Band gehört, als CONDO FUCKS eingespielt hatten.

Eine Sammlung von ruppigen Coverversionen, anscheinend aufgenommen im tiefsten Kohlenkeller. Ein Gag, aber ein verdammt guter. Zumindest brach das bei mir das Eis, um das im selben Jahr erschienene Album „Popular Songs“ wieder uneingeschränkt gut zu finden, auf dem YO LA TENGO in selten gehörter Stilvielfalt alle Register ihres Könnens zogen.

Ihr neues Album nach vierjähriger Pause wirkt deshalb im ersten Moment etwas enttäuschend, denn das Trio präsentiert sich hier von einer sehr zurückhaltenden, ruhigen Seite, wodurch die Songs auf einem eher monotonen Niveau mit minimalen Steigerungen verharren.

Ein klassischer Spätzünder von Album also, von dem man allerdings umso länger etwas hat, denn „Fade“ ist voller kleiner melodischer Momente und vor allem ungemein originell und dicht instrumentiert, auch wenn die meisten Songs im ersten Moment spartanisch wirken.

Das findet dann im großartigen letzten Song „Before we run“ mit geschmackvollen Streicher- und Bläserarrangements seinen Höhepunkt. Sympathisch ist und war an YO LA TENGO immer, dass sie sich nie verbiegen mussten, um sich neu zu erfinden, und so sind sie nach knapp dreißig Jahren im Musikgeschäft eine charakteristisch und unverbraucht klingende Band geblieben, deren Songs auch diesmal wieder eine wunderbare Leichtigkeit ausstrahlen.