EAST CAMERON FOLKCORE

For Sale

Praktisch, wenn man einen Namen hat, der die Hälfte dessen, was einen erwartet, klar benennt. Und gibt man bei Wikipedia „folkcore“ ein, landet man bei „Folk Punk“ und bekommt erklärt, dass das Genre von POGUES und VIOLENT FEMMES begründet worden sei.

Nun lassen sich ganze Doktorarbeiten über Folk Music und Volksmusik schreiben, über Bänkelsang, über die Protestlied-Kultur der Sechziger, muss man vernagelt sein, um bei Musik, die auf traditionelle Elemente zurückgreift, immer nur an den hirnlosen Mainstream-Dreck zu denken, der in Deutschland in Form von Volksmusik und den USA als Country White-Trash-Fastfood ist.

Positive, progressive Gegenbeispiele gibt es viele, vor allem in der Verbindung von irischer Kneipenmusik mit Punkrock, aber auch angelehnt an Balkan-Turbofolk feiert das Genre seit Jahren große Erfolge, ist längst festivaltauglich geworden, wo dann aber wiederum die Nähe zu bierzeltiger Schunkelmusik droht.

EAST CAMERON FOLKCORE sind anders. Sie erinnern mich an die ebenfalls großartigen THE BUILDERS AND THE BUTCHERS, kommen aus Austin, TX, stehen zu elft auf der Bühne, sind entsprechend vielfältig besetzt und haben, diesem Umstand geschuldet, einen außergewöhnlich dicht und dynamisch wirkenden Sound, der allerdings genug Raum für leise und bedächtige Momente lässt – um kurz darauf ansatzweise der Worthälfte „-core“ gerecht zu werden.

Unterm Strich allerdings ist das „-core“ eher das Flirten mit den Assoziationen, die das Wörtchen hervorruft, als ein eingelöstes musikalisches Versprechen. Stören tut das nicht, der Sound der texanischen Big Band trägt auch alleine, und ich interpretiere „-core“ eher als Anknüpfen an die im Hardcore wie im klassischen Folk enthaltene politische Komponente.

Denn klar politisch und engagiert sind die Texte, ja schon das Intro, ein Ausschnitt aus einer bekannten Rede des Studentenaktivisten Mario Savio, die dieser am 2. Dezember 1964 an der Universität von Berkeley hielt.