OFFENDERS

We Must Rebel / Endless Struggle

Mit der italienischen Ska-Punk-Band gleichen Namens hat diese Veröffentlichung nichts zu tun. Es ist vielmehr der dritte Versuch, das musikalische Erbe einer der besten US-Hardcore-Bands aller Zeiten fachgerecht aufzuarbeiten.

2005 war von Kangaroo Records die OFFENDERS-Compilation „Wanted By Authority 1981 – 1985“ auf CD veröffentlicht worden, doch Anthony Johnson aka Tony Offender, der ehemalige Gitarrist der aus Austin, Texas stammenden Band, schrieb dazu im Booklet der „Anthology 1981 – 1985“-CD, die 2010 auf Just 4 Fun erschien: „It was a failure as a product and not to the band’s standards for our friends’ and fans’ enjoyment“ Bei der gab es in der Tat das kleine Malheur, dass die im Booklet angegebene Songreihenfolge nicht mit der auf der CD übereinstimmte.

Alles besser nun beim zweiten Versuch? Im Gegenteil. War es Tony Offenders Idee, die Songs der hier enthaltenen „We Must Rebel“-LP von 1983, der „Endless Struggle“-LP von 1985 und der „I Hate Myself“-7“ von 1984 bunt durcheinander zu würfeln? André Bohnensack schrieb damals im Ox: „Mal abgesehen von der unterschiedlichen Soundqualität der ursprünglichen Aufnahmen: Ich setze mich doch auch nicht vor meinen Plattenschrank, höre einen Song von der Single, wechsle dann für zwei Songs zum Debütalbum, höre dann einen der zweiten LP und lege danach wieder die erste auf; das macht doch keinen Sinn.“ Nun also der dritte Anlauf, und Southern Lord sind Profis genug, den Job ordentlich zu erledigen: In einem Klappcover, dessen Außenseiten die Cover beiden LPs der Bands zeigen, während man nach dem Aufklappen auf die Backcover blickt, stecken zwei 12“-Scheiben, auf denen sich alle(?) 25 Songs finden, die von der Band bekannt sind.

Ich schrieb seinerzeit zum Kangaroo-Release von „Endless Struggle“: Wollt ihr mal wissen, welche für mich eine der genialsten Hardcore-Platten aller Zeiten ist? Diese hier! Zwar dürfte kaum jemand, der heute unter 30 ist, bislang was von den OFFENDERS gehört haben, aber die Herren aus Austin, Texas (Mal wieder! Aus dieser Stadt kamen und kommen aber nun einfach verdammt nochmal keine schlechten Punkbands!) waren seinerzeit – „Endless Struggle“, das zweite Album, erschien 1985 – einfach grandios und erfuhren Anfang der Neunziger ein kleines Revival, als Bitzcore ihren Klassiker „We Must Rebel“ (im Original 1983 auf R Radical erschienen) neu auflegte.

Eine klasse Platte, doch mein Herz schlug von Anfang an mehr für „Endless Struggle“. Die Platte erschien seinerzeit auch als deutsche Lizenzpressung – das Original war auf Rabid Cat – auf Bonecrusher Records, wurde von A.M.

Music hergestellt und vertrieben, und diese zog ich irgendwann aus der Wühlkiste des lokalen Plattenladens. Mit „You got a right“ geht es los, wütender, richtig massiv produzierter Hardcore-Punk in besserem Sound als das meiste, was sonst damals erschien, und der das Album selbst nach heutigen Maßstäben nicht alt klingen lässt.

„Face down in the dirt“ folgt, ein absoluter Klassiker, wütend und angepisst, und dann, als letzter Track der A-Seite, „Endless struggle“, eine epische Punk-Hymne, die mit einem minutenlangen Orgelsolo beginnt, und auch der dramatische Rest dieses Songs wird von der unglaublichen Orgel getragen – für mich ein ewiger Gänsehautsong, wie sonst nur noch „When it’s over“ von den mächtigen WIPERS.

Doch mit der A-Seite hat die Band mitnichten ihr Pulver verschossen, legt auf Seite 2 mit dem hektischen „Coming down“ los, das auch von 7 SECONDS oder YOUTH BRIGADE sein könnte. Da sieht man den tobenden Moshpit vor sich, junge Menschen in Shorts, Bandanas am Handgelenk, Chucks an den Füßen, die Skateboards neben der Bühne geparkt, fliegende Hände, ein Sänger, der das Mikro mit steil nach oben gerissenem Arm an den Mund presst.

Musik wie eine Autobahnfahrt mit Tempo 220, Adrenalin pur, und ehe man sich versieht, ist’s auch schon wieder vorbei. In diesem Falle mit dem Klassiker „You keep me hangin’ on“, und nein, der ist nicht von BLONDIE.

Soweit meine damalige Rezension, zu der ich immer noch stehe. Einen kleinen Makel hat diese Vinyl-Neuauflage: die Tracklists der LP-Backcover-Reproduktionen stimme nicht, die richtige Songreihenfolge kann man nur den Etiketten entnehmen (bzw.

einem Papierstreifen, der außen über das Cover geschoben wurde), denn die beiden Stücke der „I Hate Myself / Bad Times“-7“ von 1984, ebenfalls erschienen auf Rabid Cat, wurden noch als Bonus dazugepackt.

Zur „Entschädigung“ gibt’s noch Reproduktionen der Original-Textblätter. Wenn jemand mich fragt: für die OFFENDERS lasse ich gerne die späten BLACK FLAG-Platten stehen.