SPORT

Bon Voyage

Zehn der elf Songs des zweiten Albums von SPORT aus Lyon sind nach Sportlern, die aus dem Leben geschieden sind, benannt. Als die Skirennläuferin Ulrike Maier bei einer Abfahrt in Garmisch-Patenkirchen 1994 in nur einem Wimpernschlag abrupt ums Leben kam, saß ich als kleines Kind mit meinen Eltern vor dem TV-Gerät.

Und ich frage mich gerade, ob ich mich wohl je noch mal an diese tragische Geschichte erinnert hätte, wäre nicht einer der Songs auf „Bon Voyage“ ihr gerwidmet. Mit Sicherheit erinnere ich mich jedenfalls noch an die erste Platte der Band, „Colors“, die für ein Debüt schon erstaunlich gelungen war.

Da spielten Mitglieder von DAÏTRO und SED NON SATIATA gelungen in Szene gesetzten Neunziger-Jahre-Emocore der Marke BRAID und CAP’N JAZZ, und genau das tun sie immer noch, diesmal aber noch einen Tick überzeugender.

Schon alleine das Intro, in dem ein Sample aus dem Coming-of-Age-Klassiker „Stand By Me“ in melancholisches Gitarrengeplinker gemischt wurde, ist wunderschön und damit taucht man ein in den mitreißenden Opener „Reggie Lewis“.

Überhaupt, wo andere Emo-Kapellen zu sehr in Lethargie verharren, sind SPORT treibend, euphorisch und schlicht und ergreifend nicht langweilig. Mein Lieblingsmoment: In „Jacques Mayol“ bringt man ein Sample aus „Fargo“ unter (die Szene, in der sich die beiden Mörder im Auto „unterhalten“: „Would it kill you to say something? (...) ,No‘, that’s the first thing you said in the last four hours.“), das perfekt zu dem Text des Songs passt, in dem es um misslungene Kommunikation in einer zum scheitern verurteilten Beziehung geht, was – sofern man den Film kennt – einen total schönen, absurden lakonisch-traurigen Vibe transportiert.

Schwer zu erklären, aber was für ein Geniestreich! Herrje, waren das jetzt die letzten drei Tassen Kaffee, die mich zu diesem Begeisterungssturm hingerissen haben? Eine überaus gelungene Platte!