MUFFS

Whoop Dee Doo

Kim Shattuck, die Frontfrau der MUFFS, wird mit diesem Makel bis in alle Ewigkeit leben müssen: Sie war die Bassistin, die bei den großen, großen PIXIES rausgeflogen ist. Gefeuert nach nur wenigen Wochen.

Gefeuert am Telefon. Gefeuert ohne Begründung. So erzählt sie es jedenfalls. Und warum sollte man ihr das nicht glauben? Schließlich ist Kim Shattuck eine offensichtlich grundehrliche Person, die nicht lange um den heißen Brei herumredet.

Davon zeugt ja schon der Titel des neuen Albums ihrer Band THE MUFFS: „Whoop Dee Doo“. Es ist der Satz, mit dem der große, große Black Francis von den großen, großen PIXIES ihren Abgang kommentiert haben soll.

„Was soll’s? Wen interessiert’s?“ Eben: „Whoop Dee Doo“. Die Hire-and-Fire-Attitüde der Indierock-Legende scheint Kim Shattuck also schwer gegen den Strich gegangen zu sein und ordentlich auf den Magen geschlagen zu haben.

Eigentlich aber ist es das Beste, was dieser Welt passieren konnte, dass die großen, großen PIXIES sie nicht mehr haben wollten. Jetzt kann sich Kim Shattuck gemeinsam mit ihren Kollegen Ronnie Barnett (Bass) und Roy McDonald (Schlagzeug) nämlich wieder ausgiebig und in Vollzeit um THE MUFFS kümmern.

Denn die großen, großen PIXIES machen auch ohne sie weiterhin hervorragende Musik. THE MUFFS können das nur mit ihr – siehe „Whoop Dee Doo“. Das ist einmal mehr ein Album, das musikalisch kaum anachronistischer und besser sein könnte: laut, rotzig, mit viel Gespür dafür, wie man die Facetten des Rock wirkungsvoll einsetzt.

Es ist aggressiv, launisch, wütend, durchgeknallt, humorvoll, sarkastisch. Es zitiert Punk, Rumpelrock und einige Urschleim-Elemente aus Blues und Rock’n’Roll. THE MUFFS sind quasi so räudig wie sie es immer schon waren – aber etwas räudiger als sie es zuletzt gewesen sind.

Schon der erste Song, der von diesem „Weird boy next door“ handelt, ist umwerfend in seinem Kinder-Abzählreim-Refrain, den Kim Shattuck rausbrüllt wie eine Göre, die ihren Willen mit Gewalt durchsetzen will.

Bei „Paint by numbers“ oder „Forget the day“ könnte man sich auch ein Chuck-Berry- oder – kein Witz! – STATUS QUO-Solo in der Mitte vorstellen, während die KINKS und Buddy Holly den Background singen.

„Like you don’t see me“ hat wieder einmal diese famosen MUFFS-Melodielinie, die die Alben dieser Band regelmäßig und seit Jahren zu Ereignissen machen. Das Schlagzeug scheppert. Die Feedbacks kreischen.

Und „Take a take a me“ ist so funky und tanzbar, dass in Zukunft keine Indie-Disco um dieses Stück herumkommen dürfte. „Where did I go wrong“? Punkrock pur. „Cheezy“? Ein charmanter Pseudo-Balladen-Quatsch mit Springsteen-Mundharmonika.

Und bei „I get it“ hat wahrscheinlich Paul McCartney mit am Schreibtisch gesessen und Kim Shattuck seine alten BEATLES-Platten vorgespielt. Kurzum: „Whoop Dee Doo“ ist ein Füllhorn voller musikalischer Geniestreiche.

Kim Shattuck spielt jetzt wieder in einer anderen großen Band.