SICK OF IT ALL

Last Act Of Defiance

„Last Act Of Defiance“ – „Der letzte Akt des Trotzes“, „Der letzte Versuch aufzubegehren“ heißt es also, das erste Album dieser Band seit vier Jahren. Das erste seit „Based On A True Story“ von 2010. Indes: Man darf sich nicht täuschen lassen von diesem Titel.

Die Platte klingt nämlich nicht nach Müdigkeit und „Farewell“ und einem resignativen „Es hat ja doch keinen Sinn!“ Sie klingt noch nicht einmal nach einem Untergang mit wehenden Fahnen. „Last Act Of Defiance“ ist eine Kampfansage an das Schlechte! Ein Fausthieb ins Gesicht von korrupten Politikern und ihren Schergen und verlängerten Armen in Form von Gesetzeshütern.

Und dieser Fausthieb soll sagen: Trotz ist theoretisch. Trotz ist für die meisten nur ein Gefühl, das sie allenfalls dazu bringt, sich beleidigt in die Schmollecke zu setzen und von dort aus über Ungerechtigkeit und die böse, böse Welt zu krakeelen.

Und so einen Trotz kann man sich wirklich schenken. So ein Trotz kann ruhig in einem letzten Akt vergehen. Denn die Stufe danach ist die Handlung. Handeln, Rausgehen – „Get Bronx!“ drücken es SICK OF IT ALL aus – ist angesagt.

Im Falle dieser Band natürlich mit Musik. Auf Platte. Und dann live. Die Botschaft muss unters Volk, unter die Unterdrückten und Stillgehaltenen gebracht werden. Die Botschaft lautet: „Die da draußen verarschen euch nur.

Sie gaukeln euch Kümmern vor und schwören Eide auf Verfassungen. Und hinterm Rücken machen sie mit den gierigen Fingern das Kreuzchen, das alles widerruft.“ SICK OF IT ALL sind Botschafter des Guten und Wilden und Aggressiven.

Botschafter des Aufbegehrens. Wieder einmal. Seit Jahrzehnten schon. Aber warum sollte man sich darüber beschweren? „Last Act Of Defiance“ ist kein Stillstand. „Last Act of Defiance“ ist nötig.

Ein bisschen mehr Punk und weniger Metal als zuletzt vielleicht. Und immer noch und immer wieder New York Hardcore. Aber letztlich ist das doch egal. Keine Veränderung? Keine Weiterentwicklung? Ja und? Wir sind doch nicht im Indieland, wo es darum geht, die sich selbst als intellektuelle Pop-Elite sehenden Hipster mit ihren Hipster-Bärten und ihrer Vorliebe für Elektrogefrickel und Rumgeplucker zufriedenzustellen.

Wir sind da, wo es wehtut, weil es um Wahrheit und Realität geht. „Facing the abyss“, „Outgunned“, „Sound the alarm“, „Act your rage“, „Sidelined“, „With all disrespect“ – wir wissen, was all das bedeutet.

Denn wir sind hier im Hardcore. Und da gilt immer noch: Hauptsache, es ist laut und unüberhörbar. Und Hauptsache, der Inhalt stimmt. Der Inhalt dieses Paketes, das als Bombe im Uhrwerk des universellen Orwell’schen Staates gezündet wird und detoniert.

SICK OF IT ALL sind zurück, obwohl sie eigentlich nie weg waren. Und sie sind immer noch das: gut. Und wichtig. Das müssen und werden letztendlich sogar die einsehen, die das zwanzig Jahre alte „Scratch The Surface“ nach wie vor für die Krone der New York-Hardcore-Schöpfung halten.