PIANOS BECOME THE TEETH

Keep You

Frei nach dem Motto „The more things change, the more they stay the same“ bleiben sich PIANOS BECOME THE TEETH auf ihrem Epitaph-Debüt „Keep You“ auf ganzer Linie treu, indem sich sich grundlegend neu erfinden.

Stillstand? Nicht mit den jungen Wilden aus Baltimore, Maryland. Sorgte der Screamo-Brocken „Old Pride“ 2009 für erste Unruhe in der Szene, bewarb sich der ungebändigte Postcore-Bastard „The Lack Long After“ zwei Jahre später auf die begehrten Top-Top-Jahreslisten der hiesigen Musikmagazine.

In den vergangenen fünf Jahren gestalteten sie gemeinsam mit Bands wie LA DISPUTE oder TOUCHÉ AMORÉ die Landschaft des modernen (Post-)Hardcore neu. Ist der Fünfer um Jordan Dreyer mit seinem opulent angelegten Konzeptalbum für „Rooms Of The House“ ins Abstrakte abgewandert, gaben Jeremy Bolm und Co.

ihren Songs auf „Is Survived By“ mehr Entfaltungsmöglichkeit und Dynamik. Nun stellen sich PIANOS BECOME THE TEETH der Herausforderung des dritten Albums. Wenn die bisherige Karriere der Band als Sturm und Drang durchgeht, dann gilt bei „Keep You“: quiet is the new loud.

Die Suche nach verzerrten Gitarren und gallegurgelndem Geschrei bleibt hier vergebens. Zwei vermeintlich tragende Säulen im Sound der Band brechen weg und werden durch cleane, angecrunchte Gitarren und warmen, sanften Gesang ersetzt.

Wo andere Musiker für solch einen Ansatz ein halbes Dutzend Seitenprojekte verschleißen, ist dieser Schritt bei PIANOS BECOME THE TEETH eine Gruppenleistung. Selbst wenn die Band aus perfektionistisch arbeitenden Musikern besteht, ist „Keep You“ dieses nicht geworden: mathematisch vermessen und selbstgefällig virtuos.

Vielmehr ist es ein geduldiges Lauern auf den kontrollierten Ausbruch. Und was sind sie geduldig! Die Songs entwickeln ihre gesamte Sogkraft aus der Stetigkeit und der Monotonie der Riffs.

Diese bäumt sich meist erst nach der Drei-Minuten-Marke auf, in einem repetitiven „You’re about what you’re about“-Stakkato bei „Old jaw“ oder bei „Say nothing“, wenn sich Kyle Durfeys Stimme ausnahmsweise (!) überschlägt.

Ein emotionaler Wolkenbruch! Das ist tieftraurig und geht am Hörer nicht spurlos vorbei. Auch weil Sänger Kyle uns einmal mehr an seiner Trauer über den verstorbenen Vater teilnehmen lässt.

In „Repine“ heißt es beispielsweise „Your wick won’t burn away“, was „Keep You“ zu so etwas macht wie die Phase der Akzeptanz in der Trauerarbeit. PIANOS BECOME THE TEETH trotzen mit ihren grazilen Soundlandschaften und Einflüssen wie THE NATIONAL oder INTERPOL den anachronistischen Tendenzen einer ganzen Szene.

Als hätten die Querulanten dort draußen bei Songs wie „I’ll get by“ oder erst recht mit „Hiding“ nicht zwischen den Zeilen lesen können. Alles richtig gemacht!