ENABLERS

Tundra

„Das faszinierendste und prägendste Element der ENABLERS ist die Stimme von Pete Simonelli“, schrieb ich 2009 über „Tundra“. „Mit dunkler, rauchiger Stimme – vor meinem inneren Auge sehe ich ihn auf einem Barhocker sitzen, ein Glas Whiskey in der einen, ein paar zerknitterte Zettel in der anderen Hand – trägt er seine Texte vor, und ja, Singen geht anders.

Aber sein entspannter Tonfall, seine unaufgeregte Erzählstimme harmoniert perfekt mit der ähnlich reduzierten Art, mit der Joe Goldring, Kevin Tompson und Yuma Joe Burns die Musik vortragen.

Nur selten werden Band wie Sänger mal etwas lauter, und dass Intensität und Lautstärke nicht zwingend etwas miteinander zu tun haben, lernt man auch beim dritten Album der Formation aus San Francisco auf demütige Weise.

,Tundra‘ ist wie Kurzfilmkino im Kopf: ,Februaries‘ etwa, da sehe ich vor mir Bilder einer Großstadt, grau, Dunstschwaden, kaum Menschen unterwegs, und aus dem Off ertönt Simonellis Stimme.

Große Kunst ist das, wie die ENABLERS es schaffen, Stimme und Instrumente in Gleichklang zu bringen, wie sie es schaffen, so reduziert, zurückgenommen und unaufdringlich Stimmungen zu erzeugen.“ Und zum Nachfolger „Blown Realms And Stalled Explosions“ (2011) wusste ich dies zu sagen: „Aus San Francisco ist Pete Simonelli schon vor drei Jahren weggezogen, er lebt jetzt in New York, und auch sonst wohnt keiner aus seiner Band mehr in Frisco.

Dort verbringt er seine Zeit mit dem Schreiben, er ist Schriftsteller, und eben so etwas wie ein Sänger. Wie auf den bisherigen Alben auch – zu Beginn veröffentlichte man via Neurot, seit ,Tundra‘ von 2009 auf EoM – versucht Simonelli jedoch zu vermeiden, seine Stimme über den plaudernden Tonfall eines Bar-Poeten hinaus zu erheben, und trägt so seine Geschichten und Gedichte zur eigenwilligen Musik seines reichlich schrägen Lounge-Trios vor.

Jenes besteht aus Joe Goldring (der mal bei den SWANS spielte), Doug Scharin (HiM, CODEIN, JUNE OF 44 unter anderem) und Kevin Thomson (NICE STRONG ARM, TIMCO), die im Hintergrund mal jazzig-loungige, mal noisig, post-rockige Lieder abbrennen, die sich mit tänzerischer Leichtigkeit mal zurückhaltend hinter Simonelli stellen, mal laut in den Vordergrund drängen.

Immer ist aber die markante Stimme Petes (erinnert mich an Alan Vega) das zentrale stilistische Element der ENABLERS, wird die von seinen Mitmusikern elegant umrahmt, und das Ergebnis ist ein Album, das genauso beeindruckt wie der Vorgänger, das sehr gehaltvoll ist, aber nicht an schnöseliger Verkopftheit leidet.“ Beide Alben wurden nun von den drei Labels Exile On Mainstream, Atypeek Music und Lancashire And Somerset gemeinsam auf CD und LP neu aufgelegt.