V.A.

Still In A Dream – A Story Of Shoegaze 1988-1995

Charakteristisch für das Shoegaze-Genre sind verzerrte Gitarren, Feedback, halliger Gesang und das Ineinanderfließen der verschiedenen Klänge mit dem Ergebnis einer nicht mehr klar zu differenzierenden „Wall of Sound“ – so hat mal jemand versucht, jenes Genre zu definieren, das zu Beginn eigentlich keines war, sondern nur die spöttische Beschreibung der britischen Musikpresse für jene Bands nach Punk und Goth/Wave, die 1988 einen irgendwie neuen Sound spielten, und dabei, so will es die Übertreibung der Legende, auf der Bühne beim Spielen immer nur verschüchtert auf ihre Schuhe starrten.

Sounds-Journalist Andy Hurt soll den Begriff erstmals verwendet haben. Was folgte war ein „Mini-Hype“, so lange eben, wie die damals noch relevante und auf wöchentlich eine neue, zum durchs Dorf treiben geeignete Band angewiesene britische Musikpresse Gefallen daran fand.

Bands wie RIDE, SLOWDIVE, COCTEAU TWINS, THE HOUSE OF LOVE, MY BLOODY VALENTINE, SPACEMEN 3, LUSH, CURVE, MOOSE und zig andere tummelten sich in einer kleinen Szene, der vorgeworfen wurde, sich vor allem selbst zu feiern.

Die alten Helden THE JESUS AND MARY CHAIN wurden auch in diesen Topf geworfen, aus den USA kamen MERCURY REV und THE FLAMING LIPS dazu, Grunge kam und ging, und im September 1992 fragte der Melody Maker schließlich „Whatever happened to Shoegaze?“ Und dann kam Britpop ...

In der Rückschau sind solche Entwicklungen immer leichter nachzuvollziehen, als wenn man als Musikfan mittendrin steckt, doch Fakt ist: Shoegaze mag zwar als massenhaftes Auftreten bestimmter ähnlich klingender Bands irgendwann vorbei gewesen sein, aber so manche Band blieb, nehmen wir nur mal MERCURY REV und THE FLAMING LIPS, andere gingen und kamen wieder (MY BLOODY VALENTINE), neue kamen ein, zwei Jahrzehnte später dazu, griffen auf, was sie auf alten Platten hörten, und so ist Shoegaze heute wieder lebendig und aktiv, wird weltweit von mehr Bands gespielt als zu seiner Hochzeit.

John Reed hat versucht, mit diesem fünf CDs, 87 Songs und über sechseinhalb Stunden Spielzeit umfassenden Samplerprojekt das Genre zu seiner Blütezeit allumfassend abzubilden, und ich finde, es ist ihm bestens gelungen.

Die fünf CDs kommen in einem A5-großen Buch, im Textteil lassen sich Neil Taylor und Jack Rabid kundig zum Thema aus, gefolgt von kurzen Artikeln zu allen Bands nebst Coverabbildungen und exakten Angaben zur Herkunft der Tracks.

Wer hier fehlt? Laut Projektleiter John Reed MY BLOODY VALENTINE, MAZZY STAR, STEREOLAB, THE VERVE, LEVITATION und THE BRIAN JONESTOWN MASSACRE. Wer immer die Macht über die Lizenzen an deren Musik hat, wollte keine Songs für diese Compilation freigeben.