BUG

Die 90er waren keine wirklich gute Zeit für einen ehemals renommierten Regisseur wie William Friedkin, da kam jemand wie John Frankenheimer, der die Fortsetzung zu dessen THE FRENCH CONNECTION drehte, fast schon besser über die Runden.

Und so waren Filme wie THE HUNTED, RULES OF ENGAGEMENT, JADE oder THE GUARDIAN nicht unbedingt das, was man vom Regisseur von THE EXORCIST gewohnt war. Beim diesjährigen Münchner Filmfest widmete man Friedkin überraschenderweise eine Retrospektive – darunter natürlich auch CRUISING, von dem vor kurzem auf DVD leider nicht der erhoffte Director's Cut erschien, da das alte Filmmaterial als verschollen gilt –, aber einen neuen Film hatte er auch im Gepäck, basierend auf dem gleichnamigen, immens erfolgreichen Theaterstück von Tracy Letts, der auch das Drehbuch für BUG schrieb.

Friedkin hält die Theater-Atmosphäre des Stückes bei und so spielt alles überwiegend in einem schäbigen Hotelzimmer, wo eine Drogen gegenüber nicht abgeneigte Kellnerin, die sich vor ihrem Ex-Mann, einem gewalttätigen Knacki versteckt, durch ihre lesbische Biker-Freundin den Golfkriegsveteran Peter kennen lernt.

Damit hätten sich zwei verlorene Seelen gefunden, die sich aber tragischerweise gegenseitig in den Abgrund ziehen: Agnes durch Drogen und Peter durch Selbstverstümmelung, denn der wird von übelsten paranoiden Wahnvorstellungen geplagt und hält sich für ein Opfer geheimer Experimente der Regierung.

Was als Theaterstück noch eher eine Schwarze Komödie war, wirkt bei Friedkin wie der Versuch, die Albtraumwelten früherer Cronenberg-Filme zu kopieren, was ihm sogar gelingt, denn der realistische Horror von BUG geht einem im wahrsten Sinne unter die Haut.

Ein psychologisches, an den Nerven zerrendes Kammerspiel, das am Ende vielleicht etwas unbefriedigend wirkt, aber die Folgen von 9/11-Paranoia und Verschwörungstheorien im allgemeinen als niederschmetterndes menschliches Drama inszeniert, wo in gewisser Weise auch Letts persönliche Erfahrungen mit Drogen- und Alkoholmissbrauch einfließen.

Bei Ashley Judd ist man sich immer unsicher, was sie wirklich drauf hat, aber die liefert hier eine der besten Leistungen ihrer Karriere ab, neben NORMAL LIFE und THE PASSION OF DARKLY NOON.

Aber auch Michael Shannon als Peter Evans ist großartig, zumal er diese Rolle auch schon im Theater gespielt hatte. Friedkins bester Film seit Jahren und absolut sehenswert, trotz leichter Schwächen.

Auf deutscher DVD mit einem Making Of und einem Interview mit Friedkin versehen, allerdings ohne den Audiokommentar der US-Disc. Die deutsche Synchro war in einem Fall allerdings komplett überfordert und so wird diesen Witz wohl niemand kapieren - Agnes: „You don't sound like you're from Oklahoma.“, Peter: „I‘m from Beaver.“, Agnes: „Well, we‘re all from beaver, ain‘t we?“