AUDITION

Wer Takashi Miike nicht bereits 1996 bei FUDOH kennen gelernt hatte, sollte ihn spätestens mit ÔDISHON kennen gelernt haben, der auf diversen Festivals lief und unvorbereitete Zuschauer wie ein Schlag in die Magengrube traf.

Seitdem hat Miike, wie bereits zuvor, weiter fleißig mehrere Filme pro Jahr gedreht, aber außerhalb Japans wird er seitdem nicht nur als fleißiges Bienchen wahrgenommen – halt ein Auftragsregisseur, der alles macht, was ihm angeboten wird –, sondern fast schon als eine Art seltsamer Autorenfilmer.

Und gerade angesagte Schreihälse wie My Chemical Romance verwursten im Video für „Honey this mirror isn’t big enough for the both of us“ sogar komplette Szenen aus AUDITION. Miike selbst sieht solche Entwicklungen wohl mit der üblichen japanischen Bescheidenheit, aber registriert dennoch seine neu gewonnenen Freiheiten, was sich auf seine letzten Arbeiten allerdings weniger positiv ausgewirkt hat.

Auch AUDITION war damals nicht mehr als eine Auftragsarbeit, basierend auf dem Buch des TOKYO DECADENCE-Autors Ryû Murakami, wo es um einen Witwer geht, für den ein befreundeter Filmproduzent ein Vorsprechen organisiert, damit der arme Mann sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau endlich wieder unter die Haube kommt.

Dummerweise verguckt er sich ausgerechnet in eine junge Dame namens Asami, hinter deren unscheinbarer Fassade sich allerdings dunkle Geheimnisse verbergen. Mit knapp zwei Stunden lässt sich der Film viel Zeit für einen gemächlichen Spannungsaufbau, um den Zuschauer dann mit wohldosierten, geschmacklich grenzwertigen Schocks zu attackieren, die vor allem beim ersten Schauen Wirkung zeigen und auf die ich jetzt nicht weiter eingehen will.

Damals wie heute stört mich allerdings der angepappte Schluss des Films, der vieles kaputt macht, denn hätte Miike AUDITION ein paar Minuten eher enden lassen, würde es sich um eine nahezu perfekte Mischung aus Gesellschaftssatire, Horrorfilm und Thriller handeln, die elegant mit den Erwartungen des Zuschauers spielt und die Grenze zwischen Realität und Traum verschwimmen lässt.

Aber die Macher mussten die unglaubwürdige Story unbedingt zurück in die Realität katapultieren, was AUDITION eher schadet als nützt. Sehenswert ist der Film auch so noch, den REM jetzt noch mal neu auf DVD aufgelegt hat (mit neuer deutscher Synchro, die allerdings auch nicht wirklich überzeugend ist) und einem 50-minütigen Miike-Interview, nicht uninteressant, aber aufgrund von dessen zeitlupenhafter Artikulation schnell ermüdend.