100 KILO HERZ

Foto© by Jacques Marcel Lueddecke

Der Neue

Was tun, wenn man als Band des Sängers verlustig geht, der ja immer eine prägende Gestalt ist? Aufgeben ist keine Option, sagten sich die „Trötenpunks“ 100 KILO HERZ aus Leipzig und fanden nach dem Ausstieg von Rodi bald einen Nachfolger: Steffen ist der neue Mann an Bass und Mikrofon, den man bereits als das Gesicht von GRUNDHASS kennt.

Steffen, was hast du dir gedacht, als SLIME vor drei Jahren Dirk gegen Tex austauschten ...?

Ich kenne natürlich die ganzen bandinternen Hintergründe nicht, warum es zu der Trennung von SLIME und Dirk kam. Aber als Fan war ich anfangs natürlich skeptisch. Gerade bei einer Band, die schon so lange Teil der Musikwelt ist und dann auch noch einen so wichtigen Status in der Deutschpunk-Szene hat. Die erste Single „Komm schon klar“ hat mich dann aber weggeblasen. Im Positiven. Ich finde, dass Tex der Band neues Leben eingehaucht hat, sowohl auf Platte als auch live.

Ich frage natürlich, weil ... seit Ende 2023 bist du „der Neue“ bei 100 KILO HERZ. Wieso du, warum 100 KILO HERZ?
Das sind zwei Fragen die du eigentlich an die falsche Person richtest. Die Band ist ja auf mich zugekommen. Ich glaube, ihnen gefiel meine Musik und meine Art, Songs zu schreiben. Sie traten ja eben auch mit der Bitte an mich heran, kreative Arbeit zu leisten und nicht einfach nur Bass zu spielen und zu singen. Und das beantwortet auch schon ein wenig die zweite Frage: 100 KILO HERZ, weil sie mich nicht einfach als Ersatzteil betrachten, dass Rodi ersetzen soll, sondern weil sie mit mir zusammen neue, kreative Wege gehen wollen. Ich hätte kein Teil einer „Coverband“ sein wollen, die einfach nur die alten Kamellen möglichst originalgetreu nachspielt. Außerdem sind 100 KILO HERZ die liebsten und nettesten Leute, die ich in den letzten Jahren kennen lernen durfte. Das hat man auch nicht bei jeder Band. Deswegen 100 KILO HERZ.

Wie fühlt sich das an, in die Fußstapfen von Rodi zu treten und die Texte von jemand anderem zu singen?
Das ist tatsächlich eine Situation, in der ich vorher noch nie war. Deswegen fühlt sich das ein wenig komisch an. Aber je mehr ich die Songs übe und mich mit ihnen auseinandersetze, desto mehr Ansatzpunkte finde ich, die ich auch auf mich und mein Leben projizieren kann. Und das macht das Ganze auf jeden Fall eine Nummer leichter. Unsere Lebensrealitäten liegen nicht so weit auseinander. Dagegen sein und in der Provinz aufwachsen, ist ein universelles Verbindungstool. Es gibt aber auch sehr persönliche Songs, bei denen Rodi uns gebeten hat, sie nicht weiter zu spielen. Was wir natürlich auch respektieren.

Und wie wurde das von den 100 KILO HERZ-Fans aufgenommen?
Bisher haben wir ja nur digitale Reaktionen. Aber die waren überwältigend. Damit haben wir alle wirklich nicht gerechnet. Der Zuspruch war enorm und es gab eigentlich nirgendwo negative Stimmen. Das erleichtert mich einerseits sehr, sorgt aber auch ein wenig dafür, dass ich ein bisschen Angst habe, diesen Vorschusslorbeeren nicht gerecht zu werden. Aber ich glaube, dass das Gedanken sind, die sich jeder in meiner Situation machen würde.

Was ist mit GRUNDHASS? Wie geht es da weiter?
GRUNDHASS ist ja nicht nur einfach eine Band. Das war und ist mein persönliches Soloprojekt. Auch wenn ich das mittlerweile mit Mitmusiker:innen auf die Bühne bringe. Solange ich lebe, wird es vermutlich irgendeine Form von GRUNDHASS geben. 2024 steht aber nun definitiv im Zeichen von 100 KILO HERZ. Da wird nicht viel Zeit für GRUNDHASS sein. Aber ein paar Konzerte sind trotzdem schon gebucht, ganz brachliegen lassen möchte ich das Projekt nicht. Ich habe jetzt aber in den letzten Jahren zwei Alben veröffentlicht, da ist nun auf jeden Fall Zeit für etwas anderes. Für 100 KILO HERZ.