DARKEST HOUR

Foto© by Mary Lou Larson

Der perfekte Soundtrack für die Zombie-Apokalypse

Ihr zehntes Album innerhalb ihrer fast drei Dekaden andauernden Bandgeschichte bestätigt eigentlich eine lange gehegte Vermutung: DARKEST HOUR sind eine Heavy-Metal-Band. „Perpetual Terminal“ klingt so, wie es sich Sänger John Henry und Gitarrist Mike Schleibaum schon immer gewünscht haben. Wo früher die Nähe zum Hardcore oder schwedisch geprägtem Death Metal dazu geführt hat, dass die Washingtoner auch über Genregrenzen hinweg Aufmerksamkeit erlangt haben, ist der Plan dieses Mal klar: Wir sind da, wo wir eigentlich schon immer hinwollten. Dass der ganze Prozess mit einer Wiedergeburt und viel Durchhaltevermögen einherging, erklärt John Henry im Interview.

Bevor wir richtig starten, möchte ich euch zum 20. Geburtstag von „Hidden Hands Of A Sadist Nation“ gratulieren, dem Album, das mich auf DARKEST HOUR aufmerksam gemacht hat. Seit ihr das damals bei Victory Records veröffentlicht habt, hat sich einiges verändert. Jetzt steht mit „Perpetual Teminal“ euer zehntes Album an. Was war deiner Meinung nach die wichtigste Veränderung, die zwischen den beiden Platten stattgefunden hat?

„Hidden Hands ...“ war unser erster wirklich bedeutsamer Release. Wir sind damals dafür extra nach Schweden geflogen und es markierte den Beginn unserer Melodic-Death-Metal-Phase. Seitdem hat sich tatsächlich einiges geändert – sowohl in Bezug auf unsere musikalischen Einflüsse als auch auf unsere Besetzung. Das kann man definitiv auch auf der neuen Platte hören.

Während der „Hidden Hands ...“-Zeiten habe ich euch immer als ein Zwitterwesen zwischen Metal- und Hardcore eingeordnet. „Perpetual Terminal“ hingegen ist wahrscheinlich euer metallischstes Album. Angefangen beim Cover über das Video zum Titeltrack mit all diesen Schlachtszenen und Pferden ... Es wirkt fast so, als würde man sich einen MANOWAR-Clip anschauen.
Das war tatsächlich die Atmosphäre, die wir angestrebt haben. Wir wollten ein klassisches Heavy-Metal-Album schreiben. Und wenn ich ehrlich bin, war die Zeit reif für unser erstes mittelalterliches Krieger-Video mit Schwertern und dem ganzen Zeug.

War die ganze Band sofort an Bord bei der „Warriors of the world“-Idee, oder mussten einige Mitglieder erst davon überzeugt werden?
Oh ja, wer würde das nicht lieben?

Ich habe gelesen, dass zwei Begriffe eine zentrale Rolle auf dem Album spielen: Überleben und Wiedergeburt. Inwieweit spiegeln sich diese Themen in den Songs wider?
Das Album hat viele Facetten. Der Titeltrack, gleichzeitig das erste Stück des Albums, erzählt gefühlt die ganze Geschichte von DARKEST HOUR in einem Song. Ich weiß nicht, ob man den Überlebensaspekt so sehr hören kann, aber das war etwas, worüber wir viel nachgedacht haben, als wir dieses Album gemacht haben. Schließlich handelt es sich um unser zehntes Album. Wir sind seit 28 Jahren als Band aktiv. Das Aufrechterhalten und die ständige Erneuerung der Band sind ein bedeutender Teil dessen, was wir für wichtig erachten. Wenn wir nicht in der Lage wären, neue Dinge auszuprobieren und mit der Musik zu experimentieren, wüsste ich nicht, was wir tun würden. Wir wollen uns nicht ewig wiederholen. „Perpetual Terminal“ ist nur die Spitze des Eisbergs. Ich habe das Gefühl, dass es wirklich überall hingehen kann. Wir haben uns darauf konzentriert, ein extrem wütendes, energetisches Album zu schreiben, auf dem wir immer wieder Platz für Melodien und versöhnliche Momente gelassen haben. Es enthält so viel Neues, das wir noch nie verwendet haben. Auch das hängt irgendwie mit dem Thema Wiedergeburt zusammen.

Ihr habt mit Nico Santora einen neuen Gitarristen an Bord. Kannst du mir etwas über den Einfluss erzählen, den er auf die Songs der Platte hatte?
Er fügt dem Album eine wirklich einzigartige Note hinzu. Nico ist ca. zehn Jahre jünger als wir. Seine musikalische Reise war eine ganz andere als bei Mike und mir. Ich denke, so was verändert wirklich alles.

Habt ihr ihm alle neuen Songs gezeigt oder war er direkt in den Schreibprozess involviert? Gab es Momente, in denen ihr ihn bremsen musstet, weil sein Sound „zu modern“ und vielleicht nicht „metallisch genug“ war?
Nein, denn er kannte ja die Band. Als er jünger war, war er sogar ein Fan. Also wusste er viel über unseren Sound und dass es Stellen auf dem Album gibt, an denen wir den Klang der Band bewahren wollten, wie etwa bei dem Stück „Perpetual terminal“. Das ist im Grunde genommen unser gesamter Backkatalog in einem Song. Aber er war wirklich entscheidend für das Neue auf dem Album. Sowieso beschränken wir nicht die Kreativität von jemandem, wir wollen alles ausprobieren und sehen, was funktioniert.

Bevor wir mit dem Interview begonnen haben, habe ich euer „Life in Lockdown“-Video von 2020 gesehen. „Perpetual Terminal“ ist das erste DARKEST HOUR-Album, nachdem die globale Pandemie alles auf den Kopf gestellt hat. Kannst du dich an das Gefühl erinnern, als dir klar wurde, dass sich Dinge grundlegend ändern würden, besonders im Kulturbereich?
Ich glaube, zunächst war es ein Gefühl der Panik. Oh, Scheiße. Leute können nicht mehr zusammen in einem Raum sein! Aber das ist doch irgendwie der ganze Sinn dessen, was wir tun. Menschen sollen in einem Raum zusammenkommen und Musik erleben. Also hat es wirklich alles durcheinandergebracht. Zuerst waren wir erschrocken, aber am Ende, wenn ich jetzt darauf zurückblicke, denke ich, dass es uns wirklich die Gelegenheit gegeben hat, innezuhalten, durchzuatmen und eine Pause einzulegen. Was den kreativen Prozess betrifft, hat es dafür gesorgt, dass wir mehr Zeit damit verbringen konnten. Ich denke, in der Vergangenheit haben wir nie aufgehört zu arbeiten, nie Pausen gemacht, es ging einfach weiter und weiter. Im Rückblick bin ich irgendwie dankbar, dass es diese Zeit gab, um mal über die Geschichte der Band nachzudenken und zu überlegen, wo wir hinwollen.

Waren die Songs für „Perpetual Terminal“ da schon geschrieben?
Wir haben eigentlich schon 2017, nachdem das letzte Album herauskam, angefangen, an neuen Songs zu schreiben. Im Zuge der Pandemie hatten wir aber die Zeit, uns darüber Gedanken zu machen, in welche Richtung sich unser Sound entwickeln soll.

Da ich mit dir ja den Verantwortlichen für die Texte vor mir sitzen habe, würde ich gerne über drei Songs auf „Perpetual Terminal“ sprechen. Starten wir mit „Goddess of war, give me something to die for“. Mehr Metal kann ein Songtext kaum sein.
In dem Stück geht es darum, dass wir alle nach einem Sinn oder Zweck in unserem Leben suchen. Für mich war das immer, Musik zu schreiben und sie live vor Menschen zu performen. Die grundlegende Botschaft des Tracks ist, dass wir im Grunde alle überleben werden, egal, was auch passiert.

In dem Song nimmst du also auch Bezug auf die beiden Hauptthemen des Albums. Wie sieht es mit dem Song „My only regret“ aus? Für mich wirkt es, als würde es hier um Bedauern, Selbstreflexion und die Konsequenzen unseres Handelns gehen. Du scheinst das Ganze auch in Bezug zu den Themen Trotz und die Komplexität von Liebe und Hass zu setzen, oder?
Oh Mann, das ist schwer. Dieser Song handelt davon, dass man oft in bestimmten Denkmustern steckenbleibt. Es geht darum, sich davon zu befreien und einmal zu fragen: Was ist, wenn ich falsch liege? Das ist für mich eine der entscheidenden Zeilen des Songs. Was ist, wenn ich wirklich feststelle, dass ich einen Fehler gemacht habe? Es ist also okay zu sagen, dass man nicht weiß, wie es weitergehen soll.

Wer mir sofort in den Sinn kam, war Donald Trump, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sagen würde: „Ich habe etwas falsch gemacht. Es tut mir leid.“
Ja, das zeigt den falschen Weg. Und ja, jeder oder jede sollte in der Lage sein, die eigenen Fehler im Leben zu erkennen und dazu zu stehen. Aber das passiert nicht immer so leicht. Es wird immer eine schlechte Angewohnheit der Menschheit sein, dass sie oft nicht fähig ist zu lernen und zu wachsen.

Das führt zum nächsten Song, über den ich sprechen wollte, „New utopian dream“, der meiner Meinung nach überhaupt nicht von einer Utopie handelt. Er vermittelt eine dystopische Vision und spricht über das Thema Macht. Was hat dich inspiriert, über geschmolzenes Fleisch und die Idee eines neuen utopischen Traums zu schreiben?
Dieser Song fragt: Was passiert, wenn alles schiefgeht? Du hast recht damit, dass er diese düstere, dystopische Atmosphäre hat. Ihn „New utopian dream“ zu nennen, ist so etwas wie meine sarkastische Art zu sagen, wie schlimm das Leben werden kann. Es geht um die dunkelsten Seiten des Lebens und des Denkens. Es ist gut, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken, aber ich denke, es ist auch klug, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Du musst den perfekten Soundtrack für die Zombie-Apokalypse parat haben, wenn es so weit ist. Und wenn es einen Titel auf dem Album gibt, der das perfekte Stück für die Zombie-Apokalypse ist, dann ist es wohl dieser.

Lass uns über euer neues Label MNRK Heavy sprechen. Was ist für euch das Besondere an dem Deal?
Mit vielen von den Leuten, die dort sind, haben wir schon früher während der „The Human Romance“-Phase zusammengearbeitet. Vor etwa fünf Jahren, als wir das Material für die neue Platte schrieben, haben wir uns überlegt, dass wir alles in Eigenregie veröffentlichen wollten. Aber je mehr wir uns damit beschäftigten, besonders nach der Pandemie und unserem „Live in Lockdown“-Video, das wir selbst veröffentlichten, wurde uns klar, dass wir das nicht selbst machen wollen. Es gibt Dinge, die man den Profis überlassen sollte. Sie haben uns dann angesprochen, und es war wirklich großartig, weil sie sich sehr zurückhalten. Sie respektieren, dass wir eine Band sind, die schon so lange existiert und vieles selbst macht. Wir haben dieses Album selbst produziert, und sie waren damit einverstanden. Das war uns wichtig.