20 Jahre später: BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB

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Take Them On, On Your Own (CD/LP, Virgin, 2003)

Kann es ausschließlich hervorragend inszeniertes Epigonentum sein, wenn eine Band einen so nachdrücklichen Eindruck hinterlässt wie das Trio aus San Francisco? BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB, so heißt es, hätten nur den Katalog des Labels Creation Records auswendig gelernt. Wenn das stimmt, dann wären sie bereits mit ihrem Debüt in gewisser Weise über ihn hinausgewachsen. Und der Nachfolger „Take Them On, On Your Own“ unternimmt einen weiteren erfolgreichen Anlauf, damit niemand MY BLOODY VALENTINE und THE JESUS & MARY CHAIN eine Träne nachweinen muss. Als viel schwieriger erwies es sich, die Klasse der Songs des Debüts „B.R.M.C.“ zu erreichen, denn die beiden britischen Bands lagen zu Beginn des Jahrtausends sowieso auf Eis. Die Rezeptur bleibt identisch: Auch hier sind es psychedelisch-verwaschene Grundklänge, scheppernde Garage-Rock-Anleihen und angespannt-kraftvoller Rock’n’Roll, versehen mit ausladendem Noise. Mit den drei Brechern zu Beginn des Albums hebt die Hitdichte ab in Richtung Unendlichkeit. Anschließend nehmen B.R.M.C. den Fuß vom Gas. Zum einen wenden sie sich mit „And I’m aching“ akustische Sphären zu – ein Vorgriff auf den Nachfolger „Howl“, auf dem Americana, Gospel und bluesiger Country zusammengebracht werden. Zum anderen weiß die Band, dass die schwerfälligen und behutsamer aufgebauten Midtempo-Stücke wie „In like the rose“ oder „Suddenly“ die Coolness des Trios deutlich mehr betonen als Stomper wie „Rise or fall“ oder „Six barrel shotgun“, dessen beachtliche Eröffnungszeilen („I kill you all with a six barrel shotgun / I kill you all but I need you so“) Amok und Bedauern gleichsetzen. Von dieser textlichen Extravaganz einmal abgesehen ist es allerdings bemerkenswert, wie es Robert Levon Been und Peter Hayes gelungen ist, einerseits keinen einzigen schwachen Songtext auf dem Album zu platzieren, andererseits dabei so vage zu bleiben, dass die Lyrics nicht in Erinnerung bleiben. Es liegt der Verdacht nahe, dass eine derart vernebelte Ungenauigkeit gewollt ist und der Gesang nur so zum perfekten Äquivalent des Sounds und der Musik wird. Dass B.R.M.C. besser sind, als es THE JESUS & MARY CHAIN je waren, kehre ich nur deshalb unter den Teppich, weil ich die musikhistorischen Fachkompetenzen vom Ox-Fanzine ausdrücklich nicht untergraben möchte. Sie ähneln MY BLOODY VALENTINE überdies nicht ein bisschen – das wird nur überall behauptet. Wenn der Blick unbedingt nach Großbritannien gerichtet werden soll, dann wären LOOP als Referenz viel offensichtlicher. Vermutlich klingen BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB einfach nur zeitlos und einzigartig, wenn die „Klingt wie“-Schublade in einer derartigen Unordnung ist.